Bad Boy? Sammers Rolle beim FC Bayern

München - Am Dienstag reist Matthias Sammer wieder in offizieller Mission des FC Bayern. Es geht nach Berlin, der DFB lädt zur Übergabe des Pokals an die Hauptstadt. Im Wappensaal des „Roten Rathauses” wird Sammer einen Abgesandten aus Dortmund treffen: Norbert Dickel, den Stadionsprecher. Die Borussia muss den Pott rausrücken vor dem Finale Bayern gegen Stuttgart. BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke reist nicht nach Berlin.
Ist’s besser so? Schließlich hatte Watzke erklärt, dass die Beziehungen zum FC Bayern abgekühlt seien seit Sammers Dienstantritt im Juli 2012. „Das ist für mich kein Problem, sondern eher ein Kompliment”, meinte Sammer im ZDF. Sein höhnisches Lachen verriet: Er sieht sich angekommen und wahrgenommen in der Rolle des neuen „Bad Boy” – gerade in Zeiten, in denen Uli Hoeneß wegen der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen in seiner Steuersache nicht den Liga-Poltergeist geben kann. Die Abteilung Attacke trägt aktuell den Status a. D. – also meldet sich die Unterabteilung.
Sammer, 45, ist ein Suchender, seine genau Rolle im Verein noch nicht klar umrissen. Im Jahrbuch des Vereins heißt es zur Jobbeschreibung: „Zuständig für die Lizenzspielermannschaft, das Trainerteam, die Nachwuchsabteilung sowie Scouting.” Für ihn, und das gab’s selten in der Bayern-Historie, schaffte man einen Posten. Sein Vorgänger Christian Nerlinger, zu blass und unerfolgreich, aber immerhin kommunikationsfreudig, trug den Titel Sportdirektor. Sammer spricht bei Erfolgen stets bescheiden von "wir", wirkt intern lieber im Hintergrund, überlässt Trainer Jupp Heynckes die gesamte Palette von Lob und Ruhm.
Und die Außenwirkung? Dankenswerterweise hat ihm BVB-Trainer Jürgen Klopp im Rahmen des Tumults um die Gelb-Rote Karte von Rafinha eine Plattform zur Profilierung gegeben. Es war interessant zu beobachten, wie sich Jupp Heynckes ausschließlich um sportliche Belange kümmerte, selbst in der Hitze des (Wort-)Gefechts mit den Co-Trainern Umstellungen und Auswechslungen besprach. Sammer gab den Polizisten, den Reviermarkierer.
Die Bayern-Fans nahmen ihn im Klopp-Tete-à-Tete somit wohl zum ersten Mal nach zehn Monaten so wirklich wahr. Eine Woche zuvor hatte er Aussagen des Mainzer Managers Christian Heidel gekontert, ungewohnt scharf und auf die arrogante Tour: „Herr Heidel kann da nicht mitreden, weil er wahrscheinlich nie Meister wird.”
Intern fiel Sammer, als „Wissenschaftler” tituliert, durch stetiges Mahnen und Mäkeln auf, ebenso als Antreiber und wertvolles Puzzlestück - auch wenn er vor der Mannschaft bisher erst einmal gesprochen hat. Selbst nach Siegesserien und der Zementierung der Meisterschale referiert er vor den Medien von Disziplin und Gier. Sammer kokettiert selbst mit dem Titel „Spaßbremse”. Gefällt ihm. Und die Dosierung?
Seine konzeptionelle Arbeit möchte er am Saisonende beurteilen lassen, Erfolge und Titel könnten und sollten ihm tatsächlich zugeordnet werden. Doch welchen Anteil hätte er an den Titeln? Wenn, dann wohl erst 2014.
Mario Götze war Guardiolas Wunschspieler, der Transfer gilt als das Einstandsgeschenk für den Spanier. Nicht die alten Hasen waren es, die den Deal eingefädelt und durchgezogen haben, sondern einzig und allein Sammer, so ein Insider. Öffentlich gelobt wurde er dafür jedoch nicht von den Bossen. Jan Kirchhoff war zuvor der erste Sammer-Transfer, ein junger, talentierter Innenverteidiger, in der Hierarchie eher die Nummer vier oder fünf. Ein Transfer für die Bank. Aber wer weiß?
Geht es gut, darf Sammer womöglich umziehen. Noch liegt sein Büro bei der Verwaltung, den Ticketverkäufern. Die Bosse sitzen im Hauptgebäude.