Azubi oder Visionär?

Bayern-Trainer Jürgen Klinsmann nimmt die Tipps von Manager Uli Hoeneß an, kehrt zum Hitzfeld-System zurück – und siegt
von  Abendzeitung
Bayern-Manager Uli Hoeneß weiß, wo es lang geht. Jürgen Klinsmann hat auf ihn gehört.
Bayern-Manager Uli Hoeneß weiß, wo es lang geht. Jürgen Klinsmann hat auf ihn gehört. © dpa

MÜNCHEN - Bayern-Trainer Jürgen Klinsmann nimmt die Tipps von Manager Uli Hoeneß an, kehrt zum Hitzfeld-System zurück – und siegt

Neu war nur die Kabine, die hatte Bayern-Trainer Jürgen Klinsmann komplett umgestalten lassen. Doch vor der Partie gegen den AC Florenz durften sich dieselben elf Spieler wie vor dem 1:0 am Samstag in Karlsruhe bereit machen. Keine Rotation, keine Umstellung. Auch das System, das konservative, aber von den Spielern geliebte 4-4-2, wurde beibehalten. Nanu? Klinsmann ist sich treu geblieben. Die Abkehr von den stetigen Änderungen – ist das seine neue Linie?

„Es hat sich auch ein bisschen Konstanz entwickelt“, sagte der Coach. Ein bisschen Konstanz. Eine großes bisschen Wende – zurück in die Vergangenheit. So müssten die Bayern-Bosse für das 3:0 gegen den AC Florenz einen Teil der Uefa-Siegprämie in Höhe von 600000 Euro an Ottmar Hitzfeld, Klinsmanns Vorgänger, überweisen. Mark van Bommel war es, der über die Kommando-Zurück-Taktik von Klinsmann sagte: „Wir spielen wieder wie letztes Jahr.“ Klappe zu. Schluss mit der Revolution.

Bis auf Kahn-Nachfolger Michael Rensing und Massimo Oddo, der auf der rechten Seite statt Willy Sagnol (verletzt) oder Christian Lell (verdrängt) ran durfte, spielte gegen Florenz die Hitzfeld-Elf der vergangenen Saison. Mit Martin Demichelis in der Innenverteidigung und van Bommel im defensiven Mittelfeld. Alles wie gehabt. „Wir spielen wieder das System der letzten Saison“, bekräftigte Kapitän van Bommel und erklärte: „Jeder weiß, was er zu tun hat. Das 4-4-2 liegt uns einfach besser.“ Auch Klinsmann weiß wohl nun, was er zu tun hat: Ruhe bewahren. Runterkommen. Ein Cooldown-Effekt.

Das hatte Manager Uli Hoeneß dem Coach geraten. In Einzelgesprächen, in den täglichen Dreiergesprächen zusammen mit Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge und am Montag via TV: „Jürgen ist zu engagiert. Er will alles auf einmal schaffen.“ Ergo: Mal langsam, Jürgen. In der Not solle er auf Bewährtes, der Mannschaft Vertrautes setzen – auf die alte Hitzfeld-Schule. Klinsmann hat verstanden. Die Mannschaft ist erleichtert. „Wir haben turbulente Wochen hinter uns. Wir sind froh, dass die Zeit der Experimente vorbei ist“, sagte van Bommel, „wenn du Stabilität im Team hast, kommt der Erfolg.“ Und eine Erkenntnis. Kann auch ein Trainer lernen? Van Bommel: „Jeder kann lernen.“ Ist Klinsmann also doch mehr Azubi in seinem ersten Vereinstrainer-Jahr als Visionär?

„Auf eine Erfahrung wie vom Uli, der Bayern seit 30 Jahren in- und auswendig kennt, auf die kann man natürlich bauen“, hatte Präsident Franz Beckenbauer nach dem Sieg über Florenz gesagt. Und Klinsmann bestritt nicht, dass er Einflüsterer hatte: „Ich bin ja gottfroh, dass Leute im Klub da sind, die ständig ihre Meinung einbringen. Wir diskutieren Woche für Woche, wie sich das Team entwickelt.“

Klinsmann hat seine Stammelf für die Zeit bis zur Winterpause gefunden, es wird nur noch minimal rotiert. „Gegen Florenz stand die derzeit stärkste Mannschaft auf dem Platz“, merkte van Bommel an. Eine Elf als Ergebnis der Gespräche zwischen den Bossen und Klinsmann. Sie haben ihn ein wenig hitzfeldisiert.

Nur beim Torjubel nicht. Da ist Klinsmann nicht zu bremsen. Hoch in der Luft, die Faust zum Triumph geballt. Manager Hoeneß herzte ihn innig. Ihn, Klinsmann. Wie früher. Ganz so, als wäre es Hitzfeld gewesen. Patrick Strasser

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