AZ-Zeugnisse: Bei den Bossen des FC Bayern läuft's rund

München - Für die Führungsriege des FC Bayern hat ein in jeder Hinsicht spezielles Jahr 2021 begonnen. Die Corona-Pandemie wird den Klub genauso wie die gesamte Gesellschaft weiter belasten - finanziell, aber auch, was den Faktor Emotionalität betrifft. "Fußball ohne Fans macht einfach weniger Spaß", sagte Karl-Heinz Rummenigge (65) im AZ-Interview. Da wird ihm gewiss niemand widersprechen. . .
Apropos Rummenigge: Der langjährige Vorstandsvorsitzende (seit 2002) geht in sein letztes Amtsjahr als Bayern-Boss. Ab 2022 übernimmt dann Oliver Kahn (51). Auch deshalb ist 2021 so besonders, denn nach Uli Hoeneß (68) verabschiedet sich mit Rummenigge das zweite Alphatier - und die jüngere Generation übernimmt endgültig die Macht.
"Es ist ein guter Moment, um loszulassen", erklärte Rummenigge und betonte, dass Bayern mit Kahn, Sportvorstand Hasan Salihamidzic (44) und Präsident Herbert Hainer (66) "für die Zukunft gut aufgestellt" sei. Na dann: Frohes Titelsammeln! Zunächst aber wird zurückgeschaut. Die Halbjahreszeugnisse für die Arbeit der Bayern-Bosse
Karl-Heinz Rummenigge: Beharrliches Sprachrohr

Im Krisenjahr 2020 war der Bayern-Boss als Sprachrohr des deutschen Fußballs omnipräsent und traf dabei meist den richtigen Ton. Auch dank Rummenigges Beharrlichkeit wurde der Fifa-Weltfußballer-Titel doch noch vergeben und die Austragung der Klub-WM im Februar beschlossen. Sportlich sieht Rummenigge Bayern derzeit "weltweit als Nummer eins". Und wirtschaftlich ist kaum ein anderer Klub so gut durch das Corona-Chaos gekommen. Bayern macht sogar noch einen kleinen Gewinn.
Dafür ebenso verantwortlich: Die Vorstandsmitglieder Kahn und Salihamidzic sowie Jan-Christian Dreesen (53/Finanzen), Jörg Wacker (53/Internationalisierung und Strategie) sowie Andreas Jung (56/Marketing). Note 2
Oliver Kahn: Der ideale Rummenigge-Erbe

Durch die Corona-Pandemie wurde die Zeit der Einarbeitung für den "Titan" verkürzt, er war sofort als wichtiges Vorstandsmitglied gefragt und bestand diese Prüfung mit Bravour. Nun bereitet er sich auf die Rummenigge-Nachfolge vor. "Die Staffelübergabe ist in vollem Gange und wird Ende 2021 einen nahtlosen Übergang zur Folge haben", sagte Kahn: "Dieses Amt und die zukünftige Aufgabe sind eine große Ehre für mich. Diesen Verein so aufzustellen, dass er auch in Zukunft die größten Erfolge feiern kann und dabei ein integrativer Teil der Gesellschaft bleibt, ist das oberste Ziel von uns allen."
Dank seiner Aura, seiner sportlichen Vergangenheit und seiner Erfahrung in der Wirtschaft ist Kahn bei allen Mitarbeitern im Klub hoch angesehen und die Idealbesetzung als künftiger Vorstandschef. Positiv: So impulsiv wie früher zwischen den Pfosten agiert Kahn schon lange nicht mehr, er hat an Souveränität und Gelassenheit gewonnen. Note 2
Hasan Salihamidzic: Sich und den FC Bayern deutlich weiterentwickelt

Brazzo, das Bürschchen - diese Zeit war einmal. Der Bosnier hat deutlich an Profil zugelegt, wurde folgerichtig zum Sportvorstand befördert. Intern, auch im Aufsichtsrat, wird seine akribische Arbeit äußerst positiv bewertet. "Hasan hat eine sehr gute Entwicklung genommen", sagte Rummenigge. Mit der Verpflichtung von Leroy Sané (24) gelang Salihamidzic ein Transfercoup, auch wenn der Nationalspieler sich steigern muss.
Die Münchner bekamen Sané für rund 50 Millionen Euro - im Sommer 2019 hatte Ex-Klub Manchester City noch einen saftigen dreistelligen Millionenbetrag für Sané verlangt. Gut verhandelt!
Nicht ganz so gut waren die anderen Transfers im Sommer: Douglas Costa (30), Marc Roca (23) und Bouna Sarr (28) sind bislang keine Verstärkungen, Tanguy Nianzou (18) hat viel Verletzungspech. Nur Ersatztorwart Alexander Nübel (23) und Ersatzstürmer Eric Maxim Choupo-Moting (31) helfen wirklich weiter. Trotzdem: Das Positive überwiegt. Note 2
Herbert Hainer: Bayerns Stimme der Vernunft

Der frühere Adidas-Boss tritt als Präsident besonnener auf als Vorgänger Hoeneß, hält sich mehr im Hintergrund.
Wenn Hainer allerdings das Wort ergreift und in der Öffentlichkeit Klartext spricht, haben seine Aussagen stets Substanz. Im BR etwa zog er das Vertragsangebot für David Alaba zurück - und sendete damit ein Signal an den Rest des Kaders, dass in Corona-Zeiten keine Fantasiesummen gezahlt werden können. Hainer ist Bayerns Stimme der Vernunft. Note 2