AZ-Liveticker: Hoeneß?erste Amtshandlung: Freibier bis Mitternacht!
MÜNCHEN - Fast fünf Stunden dauerte die Jahreshauptversammlung beim FC Bayern. Präsident Franz Beckenbauer hat nach 15 Jahren das Präsidentenamt und den Vorsitz des Aufsichtsrats abgegeben. Sein Nachfolger ist der bisherige Manager Uli Hoeneß. Aus der Neuen Messe in Riem berichten die AZ-Reporter Gunnar Jans, Patrick Strasser und Filippo Cataldo.
Beim deutschen Rekordmeister geht an diesem Abend der große Umbruch in der Führungsetage über die Bühne. Nach 15 Jahren als Vereinspräsident stellt sich Franz Beckenbauer nicht mehr zur Wiederwahl und fungiert nun als Ehrenpräsident. Noch weniger vorstellbar: Uli Hoeneß wird künftig nicht mehr sein, was er seit 1979 war: Er muss das Manageramt aufgeben - um Präsident sein zu können.
Sportlich ist die Situation des FC Bayern im Liga-Mittelmaß nicht berauschend, dafür sieht es wirtschaftlich glänzend für den Klub mit den rund 150.000 Mitgliedern aus. Einen Tag vor der Jahreshauptversammlung hatten die Münchner den Einstieg von Autobauer Audi für 90 Millionen Euro als neuen Anteilseigner bekannt gegeben.
23.46 Uhr: Als letzter Redner tritt, es hat schon Tradition, der Gehrlein Hans aus Höslwang im Chiemgau auf. "Es gibt keinen besseren Redner als den Franz Beckenbauer. Ich schlage also vor, dass der Ehrenpräsident jedes Jahr bei der Versammlung die Eröffnung spricht - damit wir den Franz immer hören." Und für Hoeneß hat der Vorsitzende des Fanklubs "Die 13 Höslwanger" auch noch einen Rat: "Uli, ich bin ja schon ein bissl länger Präsident als Du. Ich zeig Dir jetzt mal, wie man so eine Veranstaltung beendet: ´Also, liebe Leut, die Jahreshauptversammlung ist hiermit geschlossen, ich lade die Mitglieder zum Freibier ein!" Hoeneß erwidert lachend: "Dann gehts ganz schnell an die Schänke!" Um 23:46 Uhr beschließt Hoeneß die harmonischste Hauptversammlung seit langem. Mit seiner ersten Amtshandlung: Freibier bis Mitternacht!
23.10 Uhr: Zu vorgerückter Stunde muss es natürlich auch nochmal um den ungeliebten und säumigen Mieter gehen, den TSV 1860. "Uli, schmeiß den Scheißverein raus!", fordert ein Mitglied, es ist der erste Auftrag an den neuen Präsidenten an diesem Abend. Der präsidiale Hoeneß wahrt erneut die Contenance: "1860 hat ja inzwischen ganz viele Stadionkommissionen. Wenn sie es wirklich ernsthaft vorhaben, was ich nicht glaube , dann werden wir alles dafür tun, sie dabei zu unterstützen: raus zu gehen!" Tosender Applaus.
22.59 Uhr: Hoeneß, inzwischen Versammlungsleiter, unterbricht die Wortmeldungen der Mitglieder. "Wir wollen doch noch eine wichtige Sache machen - nämlich den Franz zum Ehrenpräsidenten." Das war im Wahltaumel offenbar vergessen worden. Es gibt Blumen vom neuen für den alten Präsidenten und eine lebenslange Einladung für Beckenbauer: "Franz, Du bist eingeladen zu allen unseren Veranstaltungen. Lebenslang. Was immer der FC Bayern macht - Du bist willkommen. Keiner hat das so verdient wie Du!"
22.55 Uhr: Es treten auf: Die üblichen Verdächtigen, die einmal im Jahr ihre große Minute haben - wenn sie ans Rednerpult vor dem Bayern-Logo dürfen. Der Simmerl Werner, die Südkurven-Biggi und diesmal sogar ein Redner in Tracht und mit Gamsbart. Man spricht bairisch und mit einer Zunge. Der FC Bayern scheint geeint - wer weiß, wie diese Versammlung ausgegangen wäre, wenn die Mannschaft am Mittwoch nicht gegen Haifa gewonnen hätte.
22.35 Uhr: Die Aussprache der Mitglieder beginnt. Über 50 Wortmeldungen lagen vor, einige haben aber zurückgezogen. Hoeneß bittet angesichts der fortgeschrittenen Uhrzeit, jeder Redner möge sich auf zwei, drei Minuten beschränken. Hoeneß selbst spricht heute mit ganz ruhiger Stimme - als habe er das präsidiale Dasein länger geübt. Seine Wutrede ("Was glaubt ihr, wer ihr seid!"), 2007 gehalten, scheint aus einem anderen Zeitalter zu stammen. Heute ist Hoeneß Diplomat, souverän und beherrscht wie nie zuvor. Er scheint das Amt mit Würde ausfüllen zu wollen.
22.25 Uhr: Uli Hoeneß`erste Amtshandlung als neuer Präsident: Er entlässt den Trainer und die Mannschaft - aber nur von dieser Versammlung. "Wir haben am Sonntag ein wichtiges Spiel", sagt Hoeneß und schickt van Gaal, Bommel, Lahm und Schweinsteiger nach Hause. Unter donnerndem Applaus verlassen sie die Neue Messe durch den Seitenausgang.
22.15 Uhr: Nun endlich ergreift Hoeneß das Wort: "Ich bin total überwältigt", sagt er. Und hält dann eine Rede, die wahrhaft präsidial ist. Er mahnt zu Gelassenheit und innerer Stärke, er spricht von Geschlossenheit und "Mia san mia". Und er reicht ausdrücklich auch der vorstandskritischen Fangruppierung "Schickeria" die Hand: . "Ich rufe die Opposition auf, falls es eine gibt, mit uns zusammenzuarbeiten." Hoeneß kündigt an, künftig einmal im Monat eine Fansprechstunde beim FC Bayern abzuhalten.
21.58 Uhr: Es ist ausgezählt. Von anwesenden 4490 Mitgliedern stimmen 4458 für das neue Präsidium. Es gibt 20 Gegenstimmen und 12 Enthaltungen. Das entspricht 99,2 Prozent Zustimmung! Damit ist Uli Hoeneß neuer Präsident des Bayern. Von einem solchen Ergebnis können Horst Seehofer und die CSU nur träumen.
21.55 Uhr: Die Wahl beginnt. Das neue Präsidium (Uli Hoeneß als Präsident und Bernd Rauch und Fritz Scherer als seine Vizes) wird im Block gewählt.
21.25 Uhr: In der Nachspielzeit seiner Rede berauscht sich Rummenigge an den eigenen Worten. "Wir sind ja im Land der Dichter und Denker", stellt er fest und versucht sich als... ja was eigentlich? Textprobe: "Ich danke dir sehr, das fällt nicht schwer. Ich danke dir ganz toll, ich weiß gar nicht, was ich sagen soll. Ich danke dir, du bist ein Schatz." Das "Schmatz" hat er sich am Ende dann doch verkniffen.
21.20 Uhr: Und nun beginnen die Franz-Beckenbauer-Festspiele. Rummenigge sagt über den scheidenden Präsidenten: "Lieber Franz, wir brauchen Dich. Du bist die größte Persönlichkeit des FC Bayern." Rummenigge ernennt ihn zum Ehrenspielführer des FC Bayern und kündigt an, dass es ein "Abschiedsspiel" zu Beckenbauers Ehren im August 2010 gegen Real Madrid geben soll. Wieder stehende Ovationen.
21.10 Uhr: Die Uli-Hoeneß-Festspiele beginnen. Rummenigge nennt ihn, der bisher sein Vize im Vorstand war und künftig sein Boss als Aufsichtsratchef werden lässt, "unseren Mentor und unser Gewissen. Er ist und bleibt die Abteilung Attacke. Er ist kreativ, innovativ, aber auch explosiv. Er war der größte Diener des FC Bayern. Er ist die Seele des FC Bayern." Eingespielt wird eine Film, eine Eloge, eine Huldigung erster Güte. Nach dem Abspann stehen die Fans und Mitglieder geschlossen auf, es gibt minutenlange Standing Ovations. Über Großleinwand ist danach zu sehen, wie Hoeneß die Backen aufbläst, tief durchatmet. Rummenigge stellt fest, was jeder sieht: "Er ist ergriffen von diesen Emotionen."
21.00 Uhr: Karl-Heinz Rummenigge hält so etwas wie die Neujahresansprache des Bundespräsidenten. Er redet über den frühen Präsidenten Karl Landauer und übers Internet, über Frauenfußball und Jugendförderung. Für viele Mitglieder eine gute Gelegenheit, die beiden Biermarken einzulösen, die es am Eingang gab. Fast eine ganze Halbzeit redet der Mann jetzt schon. Einmal bekommt er auch Applaus - als er ankündigt, den Stadionmieter TSV 1860 wegen ausgebliebener Cateringzahlungen zu verklagen. "Undank ist der Welten Lohn."
20.20 Uhr: Rummenigge hat einen schweren Stand. Applaus bekommt er erst, als er bei seiner Bilanz der Vorsaison sich erinnert: "Am Ende des Tages haben wir uns dann von Jürgen Klinsmann getrennt." Prügel musste Rummenigge dann nochmal einstecken, als er auf die Transfers des Sommers zurückblickte und an die Abgänge von Lucio und Ze Roberto erinnerte. Gellende Pfiffe gegen Rummenigge waren die Folge. Und zwiespältige Reaktionen, als er die Zugänge des Sommers nochmal vorstellte: Pfiffe gegen Braafheid, Pranjic und Timotschschuk. Applaus für Badstuber und Thomas Müller. Pfiffe und Applaus bei Mario Gomez.
20.07 Uhr: Karl-Heinz Rummenigge geht ans Rednerpult. Noch ehe er die Mitglieder begrüßen kann, gibt es Pfiffe. Und Buh-Rufe. Gegen den Vorstandsvorsitzenden. Gut, dass der hier und heute nicht zur Wahl steht.
20.02 Uhr: Karl Hopfner, der Buchhalter im Vorstand der FC Bayern AG, verkündet die Bilanz. Beeindruckende Zahlen, die wir noch nicht veröffentlichen dürfen: Der FC Bayern hat eine Sperrfrist von 20.30 Uhr auferlegt.
19.50 Uhr: Die ersten Reden sind vorbei. Vize-Präsident Bernd Rauch lobte das, was die Bayern auch noch machen: Die Abteilungen Tischtennis, Basketball, Turnen, Kegeln, Handball und Schach kommen so einmal im Jahr zur Ehre, sich auch bei Franz Beckenbauer in Erinnerung zu rufen. "Ich bin ja auch für die Klötzchenschieber zuständig", hatte er einmal gesagt. Das hat dann heute auch ein Ende.
19.33 Uhr: Beckenbauer begrüßt nun auch Christian Nerlinger auf der Bühne. "Lieber Christian, es wird nicht leicht werden, in die Fußstapfen von Uli Hoeneß zu treten, bei den großen Latschen, die der hat. Aber ich wünsch' dir alles Gute. Du schaffst das!" Das Publikum applaudiert heftig.
19.30 Uhr: Zum Abschluss erzählt Rauch, dass der FC Bayern ab 2010 in Oberschleißheim verschiedene Sportstätten für die Amateur- und Jugendabteilungen bauen kann.
19.17 Uhr: Auf dem Podium spricht Vizepräsident Bernd Rauch über die wichtige gesellschaftliche Funktion, die der FC Bayern mit seinen Jugend- und Breitensportabteilungen inne hat. Übrigens wird Beckenbauer heute Abend nicht nur zum Ehrenpräsident ernannt, sondern auch, wie Vorstandsvorsitzender Karl-Heinz Rummenigge im Vorwort der Sonderedition des Bayern Magazins schreibt, mit 32-Jähriger Verspätung, zum Ehrenspielführer des FC Bayern ernannt.
19.08 Uhr: Als Beckenbauer Trainer Louis van Gaal begrüßt, mischen sich unter den Beifall auch ein paar Pfiffe. Der Beifall überwiegt aber.
19.02 Uhr: Rund 5000 Bayern-Mitglieder haben den Weg in die Messehalle gefunden. Soeben hat sich der bisherige Vorstand zusammen mit Franz Beckenbauer zum Gruppenphoto aufgestellt. Franz Beckenbauer will jetzt seine Rede ´beginnen, wird aber vom Applaus der Mitglieder unterbrochen. Schließlich fängt er an. "Liebe Mitglieder, vielleicht haben Sie sich gerade gedacht, als wir das Foto gemacht haben, 'wo sind denn die Pokale?'". Franz appelliert an die Mannschaft und den Trainer, diese Saison doch noch ein paar Pokale zu gewinnen.