AZ-Kolumne von Jean-Marie Pfaff: "Sven Ulreich ist der perfekte Teamplayer" für den FC Bayern
München - Nun ist es also bestätigt: Manuel Neuer kehrt an diesem Samstag beim Spiel gegen Darmstadt 98 ins Tor des FC Bayern zurück, Sven Ulreich rückt wieder ins zweite Glied zurück und nimmt auf der Bank Platz.
Die Art und Weise, wie Ulreich mit dieser Situation umgeht, nötigt mir eine riesige Portion Respekt ab. Nicht nur, dass er in den vergangenen Wochen und Monaten einen richtig guten Job gemacht hat, nein, er zieht sich auch ohne großes Murren zurück und überlässt Neuer die Bühne.
Jean-Marie Pfaff: "In jedem anderen Verein wäre Sven Ulreich eine Nummer eins"
Ich denke vor allem an die Last-Minute-Parade in Kopenhagen oder die zwei, drei starken Aktionen am Dienstag in Istanbul gegen Galatasaray: Ulreich hätte es aufgrund seiner Leistungen sicherlich verdient, weiter im Tor der Münchner zu stehen. In jedem anderen Verein wäre er auch sicher eine Nummer eins. Aber für Ulreich war und ist sonnenklar, dass er wieder die Nummer zwei wird, sobald Neuer fit und bereit für seine Rückkehr ist. Vor so einer Einstellung kann man nur den Hut ziehen.
Es bleibt aber natürlich abzuwarten, ob beim Neuer-Comeback alles glatt läuft. Kann er nochmal in die Form kommen, die ihn vor der schweren Verletzung ausgezeichnet hat? Hält das Bein oder gibt es doch einen Rückschlag? Denn Training ist das eine, aber das Spiel nochmal etwas ganz anderes. Da ist die Belastung eine gute Portion größer.
Comeback beim FC Bayern: "Ich gehe davon aus, dass Manuel Neuer stark zurückkommt"
Aus meiner Sicht aber haben sich Neuer und der FC Bayern ausreichend Zeit gelassen, nichts überstürzt und ihn nach und nach so aufgebaut, dass eigentlich nichts Gravierendes passieren sollte.
Ich gehe auch davon aus, dass Neuer stark zurückkommt. Ich bin sicher, in ihm nagt es. Er will es allen nochmal zeigen, dass er auch nach dieser langen Zeit auf Weltklasse-Niveau spielen kann. Und die Bayern können Neuer – dank des perfekten Teamplayers Ulreich in der Hinterhand – diese Möglichkeit geben, wohlwissend, dass man im Notfall mit "Ulle" einen ähnlichen Klassekeeper in der Hinterhand hat.
Ob Neuers Rückkehr bei der Nationalmannschaft ähnlich geräuschlos und harmonisch verläuft, wage ich allerdings zu bezweifeln. Marc-André ter Stegen wird seinen Platz – im Gegensatz zu Ulreich – nicht freiwillig räumen. Da bahnt sich ein extrem spannender Konkurrenzkampf an, in dem sich endgültig zeigen wird, ob Neuer noch einmal die Kraft aufbringen kann, ter Stegen wieder aus dem Kasten der Nationalmannschaft zu verdrängen.
Euer Jean-Marie
Der 69-Jährige ist einer der besten Torhüter der Geschichte. Er war belgischer Nationaltorwart (64 Einsätze) und stand beim FC Bayern zwischen 1982 und 1988 insgesamt 156 Mal zwischen den Pfosten. Pfaff war Vizeeuropameister 1980, WM-Vierter 1986, zudem drei Mal deutscher Meister und zwei Mal Pokalsieger. 1987 war er Welttorhüter. Für die AZ ist er nun als Kolumnist tätig.