AZ-Interview: St.-Pauli-Legende Nico Patschinski über den HSV
AZ: Herr Patschinski, Sie, der St.-Pauli-Kultspieler, haben Ihren Job gewechselt, vom Bestatter zum Busfahrer. Wie kam es dazu?
NICO PATSCHINSKI: Mein Vertrag als Bestatter ist nach zwei Jahren jetzt nicht entfristet worden. Dann habe ich mir eben wieder was Neues gesucht. Ab 1. November fange ich die Ausbildung als Busfahrer bei den Verkehrsbetrieben Hamburg-Holstein an. Das ist ja eigentlich ein krisenfester Job. Und ich bin ja immer gerne unter Leuten.
Als Bestatter lautete Ihr Motto ja: "Die letzte Fahrt ist immer mit mir."Das kann ich jetzt natürlich schlecht beibehalten (lacht). Aber es wird bestimmt interessant, mit mir zu fahren. Ich hoffe, dass die Leute immer halbwegs pünktlich ankommen und ich in den nächsten Jahren unfallfrei durchkomme.
Sie werden auch eine ganz spezielle Strecke fahren.
Stimmt, mein Heimatbetriebshof fährt auch den Shuttleservice zu den HSV-Spielen. Viele meiner Freunde sind HSV-Fans. Da haben wir schon viel darüber gelacht.
Sie fangen erst am 1. November offiziell an. Gibt’s denn am Samstag trotzdem schon mal eine Probefahrt, auf der Sie die Fans zum Spiel des Hamburger SV gegen die Bayern geleiten?
Das wäre natürlich schon eine lustige Nummer gewesen. Das kommt jetzt noch zu früh, aber dann eben im nächsten Jahr.
Wie kann man sich so eine Busfahrt mit Ihnen dann vorstellen, im Trikot Ihres Ex-Klubs St. Pauli?
So verrückt bin ich dann doch nicht. Doch einen kleinen Spruch würde ich schon mal machen. Vielleicht sagen: "Auf geht’s, heute bringe ich euch mal zum richtigen Stadion. Wenn ich Euch chauffiere, müsst Ihr auch am Millerntor keine Angst mehr haben."
Habe Sie sich schon Tipps von Ihrem Kumpel Tim Wiese geholt, wie man mit HSV-Fans umgeht?
Deshalb ist er hier auch so beliebt. Unbeliebter als Tim Wiese in Hamburg kann man ja kaum sein. Nene, das lass ich mal lieber. Den einzigen Ratschlag, den ich mir von ihm holen will, ist, welche Eiweißshakes er zu sich nimmt, damit ich bei meiner Brustmuskulatur ein bisschen zulegen kann.
Als Begleitperson im HSV-Bus kommt er also nicht infrage?
Der Wiese nicht! Höchstens als Fahrkartenkontrolleur. Gerade gegen Bayern fahren Sie die HSV-Fans aber bestimmt gerne zum Stadion. Gegen die Bayern zu spielen, ist doch für jeden Verein toll. Sie sind nun mal das Nonplusultra. Da freut sich doch auch jeder Fan drauf, weil du da nix zu verlieren hast.
Beim letzten Duell in München kam der HSV, wie schon 2015, mit 0:8 unter die Räder. Halten Sie so etwas auch mal in Hamburg für möglich?
Klar, aber dann mal ein 8:0 für Hamburg (lacht). Im Ernst: Wenn der HSV gegen Bayern mal einen Punkt holen würde, wäre das in der derzeitigen Situation Balsam auf die Wunden. Aber das wird eine schwere Nummer.
Ist Hamburg wieder klar auf Relegationskurs?
Das Problem ist, dass sie beim HSV aus ihren Fehlern nicht lernen. Die zittern sich zwei Mal durch die Relegation – und verändern trotzdem nichts. Man ist fast geneigt, zu sagen: Irgendwann müssen sie einfach mal absteigen, damit sie daraus mal etwas lernen. In diesem Jahr war es doch auch wieder dasselbe: Sie gewinnen zwei Mal und planen schon die Meisterfeier. Um dann gleich wieder fünf von sechs Spielen zu verlieren. Der HSV wird auch in dieser Saison wieder schön lange zittern müssen. So geht das nicht mehr lange gut. Wie präsent sind Ihre Erinnerungen an Ihr Tor gegen Bayern, durch das Sie St. Pauli 2002 zum Weltpokalsiegerbesieger machten? Das war einmalig. Wenn man ehrlich ist, müssen wir da nicht 2:1 gewinnen, sondern 5:1. Der Abend war wie geschneidert: Wir sind gerannt wie die Verrückten, Bayern hatte keine Lust. Und dann durfte ich da auch noch ein Tor machen. Ich weiß nicht, ob Pauli, so lange ich lebe, jemals wieder gegen Bayern gewinnen wird.
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