Ausgerechnet Nagelsmann: Die DFB-Ausbootung von FC-Bayern-Star Leon Goretzka hat einen besonderen Beigeschmack

München - Erstens kommt es anders – und zweitens als man denkt. Und hofft und plant. So ergeht es Leon Goretzka, der aktuell seine beste Phase in dieser Saison beim FC Bayern erlebt und beim 8:1-Kantersieg gegen den FSV Mainz seinen Wert fürs Team mit vier Scorerpunkten (zwei Tore und zwei Vorlagen) unterstrich.
Der 29-Jährige gilt als unumstrittener Stammspieler im Mittelfeld – und das in einer speziellen Rolle, da er sich wie eine Art Quarterback im Spielaufbau oft zwischen die Innenverteidiger fallen lässt, um eine Dreierkette zu bilden. Gegen den Ball räumt der ebenso aggressive und fleißige Balldieb Aleksandar Pavlovic (19) neben Goretzka ab, die beiden verstehen sich, harmonieren auch als Ballverteiler.
Nach DFB-Ausbootung: Goretzka droht aus seinem Flow herausgerissen zu werden
Das passt, das macht Sinn. Das freut Trainer Thomas Tuchel. Seit Amtsantritt zweifelte der Bayern-Trainer am ehemaligen Schalker und hat nun auf seiner Abschiedstournee mit Goretzka/Pavlovic doch noch das für ihn – und für die Mannschaft – perfekte Mittelfeld-Pärchen auf der Sechs gefunden. Zum Leidwesen von Joshua Kimmich (29), der auf die Rechtsverteidiger-Position ausweichen muss.
Doch nun droht Goretzka aus seinem Flow herausgerissen zu werden. Ausgerechnet von Julian Nagelsmann. Der Bundestrainer verzichtet nach AZ-Informationen bei den beiden so wichtigen Testspielen vor der Heim-EM in Lyon gegen Frankreich (23.3.) und in Frankfurt gegen die Niederlande (26.3.) auf den Bayern-Profi.
Goretzka-Abfuhr von einstigem Förderer Nagelsmann
Eine Abfuhr, ein Rückschlag für Goretzka – und das von seinem einstigen Förderer unter dem er bei Bayern vom Sommer 2021 an stets mit Kimmich auf der Doppel-Sechs gespielt hatte. Goretzka war es auch, der vor Jahresfrist sein Bedauern über die plötzliche Entlassung von Nagelsmann bei den Münchnern deutlich zum Ausdruck brachte.
Bitter für Goretzka nach 57 Länderspielen (14 Tore): Wenn der Bundestrainer am Donnerstag seinen Kader für den Testspiel-Doppelpack offiziell verkündet, wird Aleksandar Pavlovic erstmals dabei sein. Aus Goretzkas Sicht muss schon wieder ein "ausgerechnet" hinzugefügt werden. Erst seit dem 2:1 gegen Leipzig, dem ersten Spiel von Kimmich als Retro-Rechtsverteidiger, spielt der Teenager fix im Zentrum – und überzeugte, vor allem auch beim 3:0 im Achtelfinal-Rückspiel der Champions-League gegen Lazio Rom.
Pavlovic vor Debüt: Goretzka sprach sich für eine DFB-Entscheidung des Youngsters aus
Pavlovic, dessen Stern in dieser Saison aufging und der erst auf neun Startelf-Einsätze (14 in Pflichtspielen insgesamt) kommt, wird auch deshalb nominiert, damit er sich für den DFB und nicht für den serbischen Verband entscheidet. Pavlovics Vater stammt aus Serbien, doch er selbst, geboren in München, tendiert klar zur deutschen Nationalelf. Nun hat Nagelsmann ihm einen dicken Köder ausgeworfen.
Goretzka war es, der noch am Samstag von Pavlovic geschwärmt hatte. "Ich bin ein großer Fan von Aleks, der im Moment total befreit aufspielt. Es macht Spaß, zu sehen, wie er aktuell jede Sekunde genießt." Angesprochen auf eine eventuelle Nominierung für den DFB sagte Goretzka: "Wenn ich Aleks eine Empfehlung aussprechen darf, würde ich mich an seiner Stelle für den DFB entscheiden." Entschieden hat Nagelsmann – dass es nur einen aus Tuchels Sechser-Duo geben kann.

Überangebot im zentralen Mittelfeld der DFB-Elf: Goretzka muss sich im Saisonendspurt neu bewerben
Weil er ein Überangebot an zentralen Mittelfeldspielern hat. Toni Kroos (34) kehrt drei Jahre nach seinem Rücktritt aus der Nationalmannschaft in den Kreis der DFB-Elite zurück. Um die Passmaschine von Real Madrid baut Nagelsmann sein Mittelfeld mit Blick auf die EM. Neben Kroos sollen Robert Andrich (29/bisher erst ein Länderspiel) von Tabellenführer Bayer Leverkusen oder Pascal Groß (32/vier Länderspiele) von Brighton & Hove Albion abräumen, sie sollen die sogenannten "Worker" (Arbeiter) abgeben, von denen sich Nagelsmann mehr wünscht.
Als Zehner vor den beiden Sechsern agiert Kapitän Ilkay Gündogan (33) vom FC Barcelona. Wohin also mit Goretzka, mag sich Nagelsmann gedacht haben. Und wenn er zu den erfahreneren Andrich und Groß ein Talent wie Pavlovic nominiert, bliebe kaum Spielzeit für Goretzka. Dem bleibt nur, sich im Saisonendspurt wieder zu bewerben – unter Tuchel. Für Nagelsmann.