Aufstand der Stars gegen Beckenbauer

Noch mehr Spott für den Kaiser! Erst stichelte Lahm zurück – nun poltern Sagnol und van Bommel gegen den Boss. Beim FC Bayern wird der Aufstand gegen Beckenbauer geprobt.
MÜNCHEN Erst die Motzerei vor laufender Premiere-Kamera nach Luca Tonis verschossenem Elfmeter im Bremen-Spiel, kurz darauf die böse Schelte für Willy Sagnol („Die Mannschaft schleppt Sagnol mit“) – und dazwischen das kaiserliche Grollen in Richtung Lukas Podolski, Bastian Schweinsteiger und Philipp Lahm. Das Trio hätte einen „Leistungsabfall“ erlebt, hatte Franz Beckenbauer festgestellt. Zudem wollte er erkannt haben, dass es „psychologische Gründe“ habe, dass das Trio der WM-Helden „nicht in den Liga-Alltag zurückgefunden“ habe.
So kennt man ihn, den Bayern-Präsidenten – als Kritiker seines Klubs, als genauer Beobachter der Bayern-Stars, der mit seiner Meinung nie hinter dem Berg hält. Der wilde Kaiser eben. Doch offenbar nehmen ihm die Bayern-Stars die Kritik der vergangenen Tage diesmal so richtig übel. Sie proben den Aufstand gegen den Kaiser!
Eine Retourkutsche folgt der anderen. Die Profis sind sauer auf den vermeintlich unfehlbaren Beckenbauer. Nun polterten Mark van Bommel und Willy Sagnol gegen den Boss, nachdem bereits Lahm über ihn gespottet hatte.
„Wenn Herr Beckenbauer etwas sagt, dann muss man sich das anhören. Er ist Bayern-Präsident“, meinte der Holländer van Bommel, „aber er ist auch Kolumnist (bei „Bild“, d. Red.).“ Die Kritik, die es immer wieder von Beckenbauer gibt, verärgert den Holländer. Und dies, obwohl sich der Kaiser zuletzt gar nicht negativ über den „Aggressiv-Leader“ (Trainer Ottmar Hitzfeld) äußerte. Hat er Angst, das nächste Opfer zu werden? „Wenn er in seiner Kolumne sagen würde, alles ist super, dann liest die doch keiner“, lästerte van Bommel. Und wenn Beckenbauer andernorts vom Leder zieht, zum Beispiel vor einer Fernsehkamera? „Dann sollte er vielleicht besser mal nichts sagen“, so van Bommel. Der Holländer will Beckenbauer den Mund verbieten.
Was ist nur los mit den Stars? Haben sie den Respekt vor Beckenbauer verloren? Jedenfalls trauen sich Lahm, van Bommel und Co. plötzlich, dem Kaiser zu widersprechen. „Das war schon viel besser in Hannover“, bemerkte gestern auch Verteidiger Willy Sagnol und fügte als Antwort auf Beckenbauers Kritik ironisch an: „Ich bin zehnmal über die Mittellinie gegangen. Ich hoffe, dass dies den Kolumnisten Freude hat.“ Oh la la, Monsieur Sagnol!
Doch damit nicht genug, der freche Franzose behauptete anschließend sogar, dass Beckenbauer außerstande sei, eine richtiges Urteil über ihn zu fällen: „Ich glaube nicht, dass Franz Beckenbauer in seiner Karriere einmal ein Jahr verletzt war, sonst hätte er anders reagiert.“ Sagnol selbst behauptete, er habe in seinen 13 Profi-Jahren viele Spieler gesehen, die noch zwei, drei Monate nach einer derart langen Verletzungspause – Sagnol war vor neun Monaten am Knie operiert worden – Probleme gehabt hätten. Sein Rückstand sei somit nichts Außergewöhnliches.
Im „kicker“ hatte am Montag in ungewohnter Schärfe auch schon Lahm gegen Beckenbauer geschossen und sich über ihn sogar lustig gemacht: „Es muss zwei Beckenbauer geben. Einen, der in der Zeitung schreibt, und dann den Präsidenten des FC Bayern. Der Präsident ist ziemlich zufrieden mit mir. Der Kolumnist anscheinend weniger.“ Beckenbauer kümmert die Häme wenig. Er steht über den Dingen. So sagte er beim Laureus-Award in St. Petersburg zur AZ: „Lahm? Wann habe ich ihn denn kritisiert? Wenn wir reden, dann reden wir eh eher über Privates.“
Den Privatmann Beckenbauer gibt es also auch noch. Und der ist eigentlich ein ganz netter Kerl. C. Paschwitz