Auferstanden! Die Urknalltheorie des FC Bayern
Jeder Bestseller braucht eine Initialzündung, ein erstes Wort auf einem leeren, weißen Dokument. Jedes Meisterwerk der Bildkunst einen ersten Bleistift- oder Pinselstrich. Doch wo ist aller Anfang bei der Schöpfung einer Fußballmannschaft? Etwa beim Kunstwerk der aktuellen Bayern-Formation, welche mit dem monumentalen 8:2 die Epoche des Barcelonismus, durch Tiki-Taka stilbildend für eine Kicker-Generation, in die Geschichtsbücher verbannte.
Wann war der Urknall dieser Meistermannschaft von Trainer Hansi Flick? Wer ist ihr Schöpfer? Louis van Gaal, ähnlich verrückt und verschroben wie Vincent van Gogh, kann als Begründer der Moderne von Bayerns Spielstil ausgemacht werden. 2009/10 war das. Weil der Holländer ebenso genial wie genial daneben war, konnte erst der verlässliche und daher berechenbare "Biedermann" Jupp Heynckes die Gladiolen für das Triple ernten, im Jahre 2013. Der expressionistische Pep Guardiola verzettelte sich fortan im Kampf gegen sich selbst, seinen Perfektionismus und die Medien, während sein Nachfolger Carlo Ancelotti, ein Hedonist, seinen Wurstizismus zu stark kultivierte.
Kovac, der Suchende, Flick, der menschelnde Pragmatiker
Dann kam 2018 der emotionale Niko Kovac, ein Suchender. Den Draht zu seiner Mannschaft fand er nie wirklich, auch seine Taktik-Schablone passte nicht zur liebgewonnenen Routine seiner Schüler. Dieselben Profis, die im Herbst 2019 mit Ach und Krach 2:1 in Bochum gewannen beziehungsweise 1:5 in Frankfurt verloren, überrannten nun das glorreiche Barça, gaben zuvor Chelsea in zwei Partien sieben Stück mit. Die Metamorphose hat Flick, ein Verfechter des nüchternen Pragmatismus, der sich Empathie und Spielernähe dem Heynckessizismus entlieh, perfekt hinbekommen.
Doch auch dem gescheiterten Kovac, nun am Hofe Monacos tätig, gebührt angesichts von Glanz und Gloria beim Halbfinal-Einzug nicht minder Wertschätzung und Dankbarkeit: Er machte Flick im Sommer 2019 zu seinem Assistenten. Ein Urknall wider Willen.
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