Arjen Robben: Nur kein Blick zurück

München – Arjen Robben saß in der Münchner Arena, scherzte und lachte und spielte mit Thomas Müller verbale Doppelpässe, doch dann, urplötzlich, entglitten ihm die Gesichtszüge. Ob Robben, der Egomane, nach den Pfiffen der eigenen Fans gegen ihn im vergangenen Mai jetzt etwas näher ans Team herangerückt sei, wollte ein Reporter wissen. Robben schüttelte den Kopf. „Ich will diese Frage gar nicht beantworten“, sagte er, stockte, atmete schwer. „Ich finde das ein bisschen blöd, dass Sie darüber reden wollen. Das lasse ich lieber.“
Es ist kein Wunder, dass Robben keine Lust hat, über das Frühjahr 2012 zu reden. Der 29 Jahre alte Niederländer erlebte vor einem Jahr seine schwärzesten Tage als Fußballer. Begonnen hatte Robbens ganz persönliches Drama bereits am 11. April. Im Bundesliga-Spiel bei Borussia Dortmund verschoss er einen Elfmeter und vergab eine weitere Riesenchance, die Bayern unterlagen 0:1 – die Meisterschaft war verloren.
Doch es kam noch schlimmer – für die Bayern, aber besonders für Robben. Für viele ist Bastian Schweinsteiger, der gegen Chelsea den letzten Elfer vergab, das Gesicht des „Alptraums dahoam“. Doch das trifft noch mehr auf Robben zu. Er war es, der das finale Drama mit seinem Elfmeter-Fehlschuss in der Verlängerung erst ermöglichte. Als die Niederlage Fakt war, saß er wie ein Häuflein Elend vor der Bayern-Bank. Chelseas Didier Drogba versuchte, ihn zu trösten, doch es half nichts. „Ich kann es nicht fassen“, sagte Robben.
Nur drei Tage später erhielt Robben eine weitere Watschn. Beim Freundschaftsspiel mit der niederländischen Nationalelf wurde er in der Arena von den eigenen Fans ausgepfiffen, bei jedem Ballkontakt. Sein Freund Mark van Bommel („eine Schande“) riet ihm, den Klub zu verlassen. Robben blieb – und rückte, auch verletzungsbedingt, ins zweite Glied.
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In der Hinrunde absolvierte er nur neun Pflichtspiele, lediglich fünf über die volle Distanz. Doch anders als in der Vergangenheit murrte Robben nicht. Das eine oder andere Mal zog er seinen Rollkoffer nach einer schnellen Dusche wortlos durch die Mixed Zones der Bundesliga, einmal riet er Trainer Jupp Heynckes mit einem Augenzwinkern, ihn doch bitte aufzustellen. Ansonsten zeigte er sich als gewandelter Star, hielt sich zurück und leistete seinen Beitrag im Hintergrund.
Erst das Viertelfinal-Hinspiel in der Königsklasse gegen Juventus Turin änderte alles. Toni Kroos verletzte sich, Robben kam - und überzeugte. In den jüngsten Wochen trumpfte er stärker auf denn je, die Fans feiern ihn inzwischen wieder.
Ist er heute, ein Jahr nach den Pfiffen, als Profi glücklicher denn je? „Es ist immer einfach, happy zu sein, wenn du erfolgreich bist. Deshalb kann ich sagen: Ja, ich war noch nie so glücklich.“ Ehrlich klingt es nicht. Robben weiß, dass es nicht leichter wird, wenn Mario Götze da ist. Dass es Robben trotz Vertrages bis 2015 zu Manchester City zieht, dementierte er zuletzt.
In Wembley, wo er 2007 mit dem FC Chelsea den FA-Cup gewann, soll sich am Samstag für Robben der Kreis schließen. „Es wird Zeit, dass er positive Fußballgeschichte schreibt“, sagt Ottmar Hitzfeld. Wird er sich wieder trauen, wenn die Bayern einen Elfmeter zugesprochen bekommen? „Wenn es muss, dann muss es“, sagt Robben. Er sei „motiviert, aber auch entspannt. Es wäre nicht gut, wenn ich das Gefühl hätte, ich müsste mich beweisen.“ Er hat es dennoch. „Wir spielen, um zu gewinnen, ich auch“, sagt er, und fügt an: „Mehr wie nie vielleicht...“
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