Ach, wenn’s nur Rensing wär’! - Bayerns Problemzonen

MAINZ - Sicher, der FC Bayern hat ein Torwartproblem, das wurde beim 1:2 in Mainz mal wieder deutlich. Doch das ist ja längst nicht alles. Van Gaals Team fehlen Führungsspieler, die sich gegen die Krise stemmen
Die wahre Mannschaft und ihr Geist zeigen sich bei einer Unterbrechung. Einem Anstoß nach einem Gegentor, einer Verletzungsunterbrechung. Was passiert dann? Wer gibt den Ton an? Was zeigt sich durch die Körpersprache der Beteiligten?
Gut zu beobachten war das in den letzten beiden Bundesliga-Spielen der Bayern. Es passierte nämlich: nichts. Als seien sie angewurzelt und verstummt, standen die Profis herum. Kein Anbrüllen, kein anfeuern, nichts. Nur Lethargie. Bis auf die eingewechselten Thomas Müller und Ivica Olic stemmte sich keiner so richtig gegen die Pleite beim Aufsteiger. Weil ein echter Anführer, ein Mutmacher, ein Wachmacher fehlte? Weil Kapitän Mark van Bommel fehlte? Philipp Lahm hatte bei seinem zweiten Auftritt als Aushilfskapitän genug mit sich und der rechten Abwehrseite zu tun, ein Impuls zum aktiveren Widerstand ging auch von ihm nicht aus.
Die Bayern wirkten müde und lasch, trotz der zwei freien Tage, die ihnen Trainer Louis van Gaal unter der Woche gewährt hatte. Was dieser Mannschaft neben dem unbedingten Siegeswillen generell am augenscheinlichsten fehlt: Ausstrahlung – und das in jedem Mannschaftsteil. Diese „Mia san mia“-Tradition des FC Bayern, komme doch, wer wolle. Dieses Oliver-Kahn-Denken jedes Spiel, sollte es mal einen Rückstand geben, mit aller Gewalt noch umbiegen zu können und zu wollen. Alles verschollen. Und die fehlende Ausstrahlung fängt ganz hinten an.
Der linkische Torwart Rensing
Schon beim ersten Schuss auf sein Tor zappelte er, den recht harmlosen Linksschuss von Ivanschitz versuchte er mit einer Hand – wie ein Eishockey-Keeper mit seiner Fanghand – zur Seite zu lenken. Er schaufelte sich denn Ball selbst rein. Rensing ist sehr abhängig vom Verlauf eines Spiels. Brust raus oder hängende Schultern, er muss erst mit sich selbst klar kommen. Ob sich van Gaal sicher ist, dass es eine gute Wahl war, sich in der Frage der Nummer eins gegen den erfahrenen und soliden – wenn auch nicht spektakulären – Jörg Butt zu entscheiden?
Die fahrige Abwehr
Mit Lucio wurde der beste Abwehrspieler an Inter Mailand abgegeben – ein mutiger Entschluss. Dass sich Martin Demichelis einen Bänderriss zuzog, ist Pech. Doch ob man mit van Buyten und Nachwuchsmann Badstuber Meister werden und darüber hinaus in der Champions League bestehen kann, ist äußerst fraglich. Dazu kommt: Braafheid auf links ist schlecht überfordert und Lahm, nun nach rechts beordert, lässt sich immer noch nicht klonen. Hier besteht Einkaufsbedarf.
Das sanfte Mittelfeld
Anatolij Timoschtschuk verkündete bei seinem Amtsantritt vorlaut, ein Leader zu sein. Gesehen hat man davon nichts, weder gegen Bremen noch in Mainz. Keine einzige Gelbe Karte holten sich die Bayern gegen den kampfstarken Aufsteiger – auch eine Aussage. Es müssen ja keine übertriebenen Fouls im Stile eines American Footballers sein wie bei van Bommels Auftritt vor zwei Wochen in Hoffenheim (1:1). Doch offensichtlich und für die diese Mannschaft zugleich verräterisch ist: Van Bommel, sicher nicht der stärkste Fußballer, fehlt als Boss und Aufbauspieler im Mittelfeld.
Der lasche Sturm
Gomez traf in drei Spielen ein Mal, Klose ist völlig außer Form. „Normalerweise wechsle ich in der ersten Halbzeit nicht aus, dieses Mal gleich zweimal“, sagte van Gaal. Klose erwischte es früh. Auch kein gutes Zeichen.
Patrick Strasser