Abschiedsstimmung bei FC Bayern: Hat Flick seine Zukunft schon verraten?
So herzerfrischend, so locker, ja fast schon gelöst hat man Hansi Flick lange nicht gesehen. Er lachte lauthals und meinte am Ende seines genau 4:30 Minuten lang dauernden Monologes per Schalte aus Paris ins TV-Studio von Sky nach Unterföhring: "Ich hoffe nicht, dass ich jetzt die Sendezeit überschritten habe."
Hansi Flick: Klare Worte ohne Klartext
Hatte er nicht. Dafür aber klare Worte gesprochen, ohne Klartext zu reden. Seine zuletzt etwas bockig bemühte Floskel "Nächste Frage, bitte!" zum Thema seiner eigenen Zukunft über das Saisonende hinaus hatte der 56-Jährige nach dem Viertelfinal-Aus des FC Bayern in der Champions League bei Paris St.Germain (der 1:0-Erfolg reichte nach der 2:3-Heimpleite vor einer Woche wegen der Auswärtstorregelung nicht) beiseitegelegt, die Last der Aufgabe und wohl auch der Geheimhaltungspolitik abgestriffen.

Dass seine Halb- und Nebensätze, mit denen Flick zuletzt über seine Zukunft verklausuliert hatte, nun in diese Richtung interpretiert werden, hat er sich selbst zuzuschreiben. Der Monolog geriet zur Abschiedsrede, ob ungewollt lässt sich nicht sagen. Aber die Botschaft war in der Welt.
Der kometenhafte Aufstieg von Flick
Bei Bayern - und das ist spätestens nach der Nacht von Paris klar - werden sich nach dem letzten Bundesligaspieltag am 22. Mai die Wege von Flick und dem FC Bayern trennen. Sein Aufstieg war kometenhaft. Von Niko Kovacs Assistent (im Juli 2019 verpflichtet) zum Interims- und dann Cheftrainer, der das vereinshistorische Sextuple gewann und nun wohl - bei noch fünf Punkten Vorsprung auf Verfolger RB Leipzig - erneut Meister wird und dann als Hoffnungsträger zum DFB wechselt. Als Wunschnachfolger von Bundestrainer Joachim Löw, der nach der EM im Sommer aufhört.
Ein offenes Gespräch mit Lothar Matthäus
Flicks Kumpel Lothar Matthäus, einst langjähriger Mitspieler bei Bayern und Vertrauter der Familie, hat ihn am Dienstagabend in seiner Rolle als Sky-Experte sehr geschickt gelockt, weil er das Ganze auf die familiäre, sprich emotionale Ebene des Trainers herunterbrach und damit den Monolog von Flick auslöste, der ehrlich gestand: "Ob das jetzt hier alles wunderbar läuft oder was auch immer - man macht sich immer Gedanken. Und wenn es um meine Familie geht: Egal was ich machen würde, die würden mich immer unterstützen, immer hinter mir stehen. Ob ich jetzt beim DFB bin vielleicht, da einen anderen Rhythmus hätte - das ist für sie vollkommen egal."
Hat er sich da verplappert?
Darüber hinaus bekräftigte der gebürtige Heidelberger, wie sehr ihm der Job als Cheftrainer Spaß mache. Als Nationaltrainer aber vielleicht noch mehr. Weil der Rhythmus, alle drei, vier Tage ein Spiel zu haben, wegfällt und damit auch der enorme Dauer-Druck. Was Flick jedoch relativierte: "Natürlich hat man immer Druck, aber ich bin das gewohnt von meiner Karriere als Spieler bei Bayern, dass man Erfolgsdruck hat. Auch beim DFB oder bei Bayern München als Trainer - das ist eine Sache, die normal ist im Leben eines Trainers."
Auf der anschließenden Pressekonferenz in Paris wollte Flick von interpretierbaren Abschiedsplänen nichts wissen. "Ich habe mir da noch keine Gedanken gemacht", sagte er. Dass er das generell tue, "da hat jeder von Ihnen auch Verständnis. Aber jetzt direkt nach dem Spiel muss ich erst mal das Ausscheiden verdauen, das steht einem auch zu." Er müsse "die Dinge mit meiner Familie besprechen", denn es gehe auch darum, was für sie "am Ende gut ist". Mehr Freizeit wagen etwa.
"Hansi Flick steht beim DFB ganz oben auf der Liste"
Und überhaupt, natürlich unausgesprochen: Nicht Salihamidzic arbeitet als DFB-Direktor, sondern Oliver Bierhoff, mit dem Flick einst als Löw-Assistent 2014 in Rio Weltmeister wurde. "Das Angebot vom DFB gibt es. Es kann mir keiner sagen, dass da noch nicht gesprochen worden ist", will Rekordnationalspieler Matthäus wissen", "da kennt man sich zu gut. Hansi Flick steht beim DFB ganz oben auf der Liste und dann kommt lange nichts."
Bayern braucht also einen neuen Trainer. Der Name der dazu immer häufiger an der Säbener Straße fällt, ist der von RB Leipzigs Coach Julian Nagelsmann.