Abschied ohne Blumen? Tuchel unzufrieden mit seiner Bayern-Bilanz

München - "Time to Say Goodbye" heißt es am Sonntag in der Allianz Arena. Gegen den VfL Wolfsburg wird Bayern-Trainer Thomas Tuchel (50) den Rekordmeister ein letztes Mal vor heimischer Kulisse coachen. Doch große Gefühle wie im Lied von Francesco Sartori werden im Stadion des FC Bayern nicht aufkommen. Geschweige denn werden Tränen wie bei den Abschieden von Legenden wie Othmar Hitzfeld oder Jupp Heynckes fließen.
FC Bayern: Tuchel mit Zeit beim Rekordmeister unzufrieden
"Für eine vorzeitige Vertragsauflösung ohne Titel brauchen wir keine Blumen übergeben", dämpfte der scheidende Übungsleiter die Stimmung und betonte: "Wir wollten nicht, dass es in acht Tagen vorbei ist." Doch das Kapitel Tuchel, es schließt sich nach rund eineinhalb turbulenten Jahren. Und das, obwohl es zunächst danach aussah, als würde diese eine Liebe nie zu Ende gehen. "Ich bin schockverliebt", sagte der 50-Jährige nach seiner ersten Königsklassen-Aufgabe mit den Münchnern bei Manchester City (0:3). Eine richtige Liebesbeziehung wurde es aber nie.
So fiel auch das Tuchelsche Resümee aus: "Ich bin persönlich nicht zufrieden mit der Bilanz. Ich habe bei Bayern München unterschrieben, um Titel zu gewinnen." Doch nach der Last-Minute-Meisterschaft im vergangenen Jahr konnte Tuchel in dieser Saison keine einzige Trophäe für die Pokalsammlung beisteuern. "Daran wirst du gemessen. Trotzdem gibt es in der Aufarbeitung viele Faktoren, die eine Rolle spielen", erklärte der Schwabe. "Es ist einfach zu komplex, das in einer Antwort unterzubekommen."
FC Bayern: Tuchel will Spiel gegen Wolfsburg nicht herschenken
Meint er damit wohl auch den dünn bestückten Kader ohne gewünschte "Holding Six", der ihm von den Bossen gestellt wurde. Während lange Zeit die Defensive aus dem letzten Loch pfiff, ist es nun der Sturm. Gegen die Wölfe fällt nahezu die gesamte Angriffsriege des FC Bayern aus. Jamal Musiala (21/Reizzustand an der Außenseite des Knies), Leroy Sané (28/Schambeinprobleme), Serge Gnabry (28/Muskelbündelriss), Kingsley Coman (27/Adduktorenverletzung) und Harry Kane (30/Rückenprobleme) müssen passen.
Herschenken will Tuchel sein letztes Heimspiel trotzdem nicht. "Ich möchte nicht sagen, geht raus und spielt Fußball. Das könnte bedeuten, dem Trainer ist es egal. Das wollen wir nicht. Wir sind Spitzensportler", so der Bayern-Trainer. Denn immerhin geht es für den Rekordmeister noch um Platz zwei und die damit verbundene Qualifikation für den Supercup. Doch mit Gegnerinformationen überfrachten will Tuchel sein Team nach dem bitteren Halbfinal-Aus in der Königsklasse nicht mehr.
FC Bayern: Freund und Familie sollen Tuchel würdigen Abschied bieten
"Meine Aufgabe ist es, die Leute einfach zu pushen und ihnen ein gutes Gefühl zu geben, weil wir es auch verdient haben, mit erhobenen Hauptes die nächsten Tage zu bestreiten", so Tuchel. Damit sein letztes Spiel vor den Fans, die nach der Niederlage im Bernabéu seinen Namen lauthals geschrieen haben, doch noch wenigsten etwas emotional wird, musste er für seine Familie und Freunde das ein oder andere Ticket besorgen. "Aber eigentlich blende ich das aus und konzentriere mich auf den Sport, was ich beeinflussen kann", schob der Coach der Münchner hinterher.
Wie es für Tuchel nach der Saison weitergeht, konnte er noch nicht sagen: "Ich werde das in aller Ruhe überlegen. Es gab bisher keine Gespräche mit anderen Klub, weil solange ich etwas mach, mache ich es mit 100 Prozent und voller Aufmerksamkeit." Nach dem Spiel gegen die TSG Hoffenheim am kommenden Samstag hat der 50-Jährige dann aber genug Zeit dafür und will diese auch nutzen. Vor allem vor einer Rückkehr auf die Insel zu Manchester United oder seinem Ex-Klub Chelsea soll Tuchel nicht gerade abgeneigt sein.

FC Bayern: Tuchel will zusammen mit Trainerteam Entscheidung über die Zukunft fällen
Doch alleine will er nicht über seine Zukunft entscheiden. Seine Co-Trainer Arno Michels, Zsolt Löw und Anthony Barry haben ein Wörtchen mitzureden. "Wir verstehen uns auch als Trainerteam, deswegen ist es keine egoistische Entscheidung", erklärte Tuchel. Wann eine Entscheidung getroffen wird, konnte der gebürtige Krumbacher noch nicht sagen. Eines ist aber sicher: Ein Sabbatical à la Jürgen Klopp will Tuchel nicht machen.