Ab in den Süden!
Es war ein lockerer Spruch, gewiss. „Die Bayern werden drei Stück kriegen von uns“, sagte Claudio Pizarro unlängst am Bremer Weserstadion im Fortgehen und grinste dabei wie ein Honigkuchenpferd. Der Peruaner bewegt sich halt als Daueroptimist durchs Leben, und dass sich vor dem Evergreen zwischen dem SV Werder und FC Bayern (Samstag 15.30 Uhr, live bei Sky und Liga Total) mal wieder alle Blicke auf ihn richten, scheint den 33-Jährigen nicht im Geringsten zu stören. „Ich glaube, unsere Chancen sind sehr groß, weil die Bayern mit dem Kopf bei Real sind“, gibt der Torjäger eine Einschätzung ab, mit der er nicht alleine ist.
Exklusiv behält der Fußballer, der sich in den Strafräumen immer ähnlich stilsicher bewegt hat wie im Nachtleben von Bremen, München oder London, noch für sich, ob er bald auch wieder einer der Bayern-Stars sein wird. Dass der Mann mit den überragenden Fähigkeiten wie einst von 2001 bis 2007 beim Rekordmeister spielt, gilt für Insider als sicher; selbst wenn Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge die Vollzugsmeldung dementiert hat und Bremens Kollege Klaus Allofs davon ausgeht, „dass wir es als Erste erfahren, wenn es so weit ist“.
Doch sein bester Spieler hat den auslaufenden Vertrag fristgerecht zum 31. März gekündigt – formal muss der Profi niemand mehr informieren. Sachdienliche Hinweise sind übrigens vom Protagonisten nicht zu erhalten. „Ich hoffe, dass alles vor Saisonende geklärt ist“, beschied Pizarro nur. Auch weil sich Bremens Torgarant (16 Saisontreffer) zuletzt mitunter seltsam teilnahmslos gab, deutet alles auf einen Weggang hin. Pizarro und dessen Geschäftskumpan Carlos Delgado waren offenbar nicht gewillt, eine Bremer Zwei-Jahres-Offerte anzunehmen, die ihm weniger als die bisherigen 4,2 Millionen Euro Jahressalär eingebracht hätte.
Eine zweite Bayern-Anstellung macht bei einem, der sich in Münchner Zeiten zwischen Schlitzohr und Superstar wandelte und zweimal seinen Führerschein wegen Trunkenheit verlor, durchaus Sinn. Nach der EM hätten die Bayern neben Mario Gomez einen weiteren Qualitätsstürmer im Kader. Mit 158 Toren in 330 Bundesligaspielen geht er als treffsicherster Ausländer der Liga-Geschichte voran. Der Part als Gomez-Backup gilt, das hat Trainer Jupp Heynckes oft genug durchblicken lassen, als maßgeschneidert für Pizarro.
Der mit seiner Jugendliebe Karla Salcedo verheiratete Familienvater – Sohn Claudio ist zwölf, Tochter Antonella zehn, der zweite Sohn Gianluca sechs Jahre alt – soll abseits des Platzes ein bisschen ruhiger als zu Münchner Sturm-und-Drang-Zeiten geworden sein. Dass der geläuterte Stürmer kaum zu halten ist, hatte Allofs schon geahnt: „Alle geraten hier immer in Panik, wenn ein Spieler mal nicht verlängert oder nicht kommt. Aber davon geht die Welt nicht unter.“ Bremens Baumeister will nun „eine bezahlbare Mannschaft mit Zukunft“ aufbauen.
Am Donnerstag hatte der Verein noch stolz die Vertragsverlängerung mit Kapitän Clemens Fritz, 31, verkündet, nun macht nach Torwart Tim Wiese, 30, der zweite Leistungsträger wohl den ablösefreien Abflug. Und mit einer den Verletzungen und dem Sparzwang geschuldeten Jugendwelle haben die Hanseaten die Europapokalplätze fast schon verspielt – in der Rückrundentabelle sind nur Köln, Hertha und Kaiserslautern schlechter. Ohne internationale Einnahmen muss ein Umbruch in Gang gebracht werden; der einstige Vorzeigeverein bewegt sich gerade in einem Teufelskreis. Vom Part des früheren Bayern-Jägers hat sich Werder längst verabschiedet, da klingt es schon wie das Pfeifen im düsteren Werder-Walde, wenn Trainer Thomas Schaaf jetzt sagt: „Uns ist egal, ob Bayern mit einer B-, C- oder XY-Mannschaft kommt.“