34 Spieltage Bayern-Coach: Flicks meisterhaftes Werk
München - Uli Hoeneß wirkte entspannt und aufgeräumt beim Treffen mit dem Bayerischen Fernsehen in seiner Heimat, in Bad Wiessee.
Hansi Flick: Kann der überhaupt Cheftrainer?
Auch wenn das Interview nicht in seinem Leib- und Magen-Restaurant "Freihaus Brenner" stattfinden konnte, sondern unter freiem Himmel mit Blick über den Tegernsee. Mitte November 2019 hatte Hoeneß sein Amt als Präsident niedergelegt und den Staffelstab an Herber Hainer übergeben. Da war Hansi Flick gerade zwei Spiele im Amt, sein Job als Interimstrainer (ja, kann der überhaupt Chef?) wurde lediglich bis Weihnachten 2019 verlängert. Fast schon ein Misstrauensvotum.
Ein Jahr später hat der FC Bayern unter Cheftrainer Flick (ja, könnte es ein anderer überhaupt besser?) fünf Titel gewonnen, setzte auf das Triple 2020 noch die Supercup-Erfolge drauf. "Ich bin sehr zufrieden mit der Entwicklung", meinte Hoeneß bei Blickpunkt Sport und verwies auf die durch das 3:3 gegen RB Leipzig verteidigte Tabellenführung sowie den souveränen Einzug in die K.o.-Phase der Champions League. "Es war ein super Fußballspiel von beiden Seiten", so Hoeneß, der die deftigen Defensiv-Defizite locker nimmt: "Ich bin einer, der das große Ganze sieht und nicht einzelne Sachen herauspickt. Ich bin mir sicher, wir werden am Ende oben stehen."
Flicks Vertrag beim FC Bayern bis 2023 verlängert
Der Ehrenpräsident hat genaue Vorstellungen, wie die Saison enden wird. "Ich hoffe doch, dass die Meisterschaft dieses Jahr nicht so spannend wird", sagte Hoeneß: "Ich habe nach wie vor die Überzeugung, dass wir - es müssen ja nicht zehn Punkte sein - aber zwei, drei, vier Punkte werden wir am Ende schon vorne sein."
Wie gnädig, die Konkurrenz atmet auf: doch kein Alleingang der Über-Bayern auf dem Weg zum neunten Titel in Serie. Spaß beiseite, eine indirekte Warnung hatte Hoeneß noch parat für die Verfolger Leverkusen (ein Punkt zurück), Leipzig (zwei) und Dortmund (vier): "Nach der Winterpause werden wir wieder zu Kräften kommen." Der Hansi, mittlerweile mit Vertrag bis 2023 ausgestattet, wird's schon richten.
87 von 102 möglichen Punkten geholt
Genau 34 Bundesliga-Spiele hat Flick nun gecoacht, dabei 87 (von möglichen 102) Punkten geholt. Zeit für einen Blick in die irre Bilanz des gebürtigen Heidelbergers: 28 Erfolge, drei Remis und drei Niederlagen - wobei im Jahr 2020 nur das 1:4 Ende September bei der TSG Hoffenheim zu verzeichnen ist.
Ein Ausrutscher. Zuvor waren die Flick-Bayern seit Dezember 2019 in 32 Pflichtspielen ungeschlagen geblieben (mit einem Remis!), ab Februar glückten 23 Siege hintereinander. Rekorde für die Ewigkeit? Diese Marken bedeuten dem 55-Jährigen nichts, dennoch beweist der Rückblick auf den zehnten Spieltag der vergangenen Saison Bayerns Turbo-Entwicklung.
Bilanz: Unter Flick spielt Bayern offensiver und riskanter
Damals rangierten die Münchner unter Kovac nur auf Rang vier, mit vier Zählern hinter Tabellenführer Mönchengladbach. Die Mannschaft hatte kein stimmiges System, kein Konzept mehr. Führungsspieler waren von Kovac abgerückt. Am 3. November endete die Ära-Kovac nach 16 Monaten. Interessant zu sehen: Unter Flick spielt Bayern offensiver, riskanter, erzielte neun Treffer mehr, kassierte allerdings in zehn Spielen jeweils zehn Gegentore. Ein zu hohes Risiko?
Für Karl-Heinz Rummenigge ist Flick die perfekte Trainer-Lösung. "Von Beginn an hatte er einen sehr klaren Plan und hat schnell einen roten Faden und eine Verbindung mit dem Team gefunden - das war sehr wichtig", sagte der Vorstandsvorsitzende bei "bundesliga.com": "Er hat eine wirklich wichtige Rolle dabei gespielt, den Charakter des FC Bayern wiederherzustellen. Oder besser gesagt, er hat ihn alleine wiederhergestellt und es ist kein Zufall, dass der Erfolg sich danach einstellte."