1:7! Als Bayern in Düsseldorf unterging...

AZ: Herr Seel, erinnern Sie sich noch an den 9. Dezember 1978?
WOLFGANG SEEL: Mit Sicherheit! Bayerns höchste Auswärtsniederlage aller Zeiten! Es ist ein gutes Gefühl, damals dabei gewesen zu sein. Ein kurioses Spiel: Bayern war während des gesamten Spiels die bessere Mannschaft, aber wir haben 7:1 gewonnen. Das kann man niemandem erklären.
Probieren Sie doch mal!
Bayern hat nur auf unser Tor gespielt, und wir haben eiskalt gekontert. Bayern kam uns entgegen, hat so eine Art Viererkette aufgebaut und auf Abseits gespielt.
Sie haben in dieser Partie zwei Treffer erzielt, einen für Klaus Allofs vorbereitet und noch einen Elfmeter rausgeholt.
Ein komisches Gefühl, so allein auf den Torwart zuzulaufen: 'Läuft mir einer nach? Nicht? Dann muss ich jetzt schauen, dass ich an dem Maier Sepp vorbeikomme.’ Das ist mir zwei Mal gelungen, beim zweiten Mal noch leichter als beim ersten Tor. Beim dritten Mal hat mich der Maier am Fuß festgehalten, und den Elfer hat der Gerd Zimmermann reingehauen. Von der Taktik her lagen die Bayern einfach falsch. Gyula Lorant war damals Trainer und wollte wohl was Neues einstudieren.
Hat nicht geklappt.
Für mich war das eine Genugtuung, weil der Lorant als Kaiserslautern-Trainer mal gesagt hat: ,Den Seel hol’ ich nicht. Der ist zu dick.’ Dabei bin ich heute noch schlanker als mancher Spieler.
Auch eine Genugtuung gegenüber den großen Bayern?
Überhaupt nicht! Im Gegenteil: Ich begreife nicht, dass es in Deutschland Leute gibt, die Bayern hassen. Das will mir nicht in den Kopf. Was wäre denn die Bundesliga ohne den FC Bayern? Die Spieler von damals waren mir äußerst sympathisch. Mit einigen habe ich ja ein paar Länderspiele gemacht. Da waren von Bayern nur Nette dabei, von Franz Beckenbauer über Uli Hoeneß, den ich sehr achte. Wenn der was erzählt, erzählt er ja immer die Wahrheit.
Fortuna war mit zehn Jahren Ihre längste Profi-Station. Haben Sie noch Kontakt nach Düsseldorf?
Ich war gerade letzte Woche noch oben. Das 2:2 gegen Schalke habe ich auch gesehen: Eine Stimmung war das, wie ich sie in noch keinem Stadion der Welt erlebt habe! Herrlich! Das hat mich mitgenommen. Da bin ich neidisch auf die Spieler von heute. Wir standen damals in der Tabelle immer besser als die heute. Die Leute reden immer vom Geld: Das ist mir egal, ich hätte gern in einer solchen Atmosphäre Fußball gespielt. Und letzte Woche haben sich ein paar alte Fortunen getroffen. Da habe ich Gerd Zimmermann zum ersten Mal seit 32 Jahren wiedergesehen.
Und noch erkannt?
Nicht direkt. Erst an der Stimme. Aber dann war wieder alles beim Alten.
Was treiben die alten Kollegen denn so?
Klaus Allofs hat genug mit Bremen zu tun, sein Bruder Thomas sitzt bei Fortuna im Aufsichtsrat, Gerd Zewe lebt noch in Düsseldorf, in Oberkassel. Ab und zu sehen wir uns bei Prominentenspielen.
Wie geht’s am Samstag aus?
Ich hoffe, dass die Fortuna ein Unentschieden packt.
Oder doch wieder 7:1...
Wäre nicht schlecht, aber das würde ich den Bayern nicht wünschen. Die sind mir schon sehr sympathisch. Aber in dem Spiel geht Fortuna vor.