0:4 – na und? „Es gibt so Tage“
ST. PETERSBURG - „Es gibt also Erklärungen für diese Niederlage“. Bayern verabschiedet sich mit einer Blamage aus dem Uefa-Cup – und bleibt doch gelassen.
Nie in dieser Saison wäre es so leicht gewesen wie am Donnerstag. So einfach, die Stars des FC Bayern zu kritisieren, sie niederzumachen. 0:4 in St. Petersburg, das Aus im Halbfinale des Uefa-Pokals. Und das nach einem Rückspiel, das zeitweise einer Demütigung für die Münchner gleichkam. Da hätten die Bosse toben können. Sie taten es nicht.
„Ich war nach dem Schlusspfiff 20 Minuten traurig“, erklärte etwa Uli Hoeneß hinterher. Aber böse? Mitnichten. „Ja, die Enttäuschung ist groß“, sagte der Manager zwar, „aber sie hält sich in Grenzen. Wenn die Kräfte nachlassen, passiert so etwas eben. Das ist nicht so dramatisch.“
Nicht dramatisch?
Dabei ist der Traum vom Titel- Triple kaputt gegangen. Und ein bisschen von der Aura, die den FC Bayern umgeben hat in dieser Saison: die Leichtigkeit, die Entschlossenheit, die sich notfalls mit Dusel paart. Nichts von dem war mehr da in diesen ernüchternden 90 Minuten im Petrowsky-Stadion, einer 21 500-Plätze-Arena hoch im Norden, fernab der großen Fußballbühnen. Die Bayern haben sich vorführen lassen von St. Petersburg. Jetzt treffen die Russen im Finale in Manchester (14. Mai) auf die Glasgow Rangers, die am Donnerstag den AC Florenz mit 4:2 (0:0/0:0) im Elfmeterschießen bezwangen.
Nach vier Minuten schon, als Torjäger Pawel Pogrebnjak einen Freistoß durch eine zerbröselnde Bayern-Mauer zum 1:0 ins Tor schoss, schien der Widerstand bereits gebrochen. Bald war klar, dass nach dem 1:1 im Hinspiel ein wundersamer Kraftakt wie in Getafe (3:3 n. V.) ausbleiben würde. Begründungen waren schnell gefunden. „Man darf nicht vergessen, unsere Mannschaft spielt seit Monaten dreimal in der Woche“, sagte Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge: „Wir sind auf dem Zahnfleisch daher gekommen, im Gegensatz zum Gegner, der frischer war.“ Die russische Meisterschaft läuft erst seit fünf Wochen.
Immerhin: Zwei Titel geholt
„Es gibt also Erklärungen für diese Niederlage“, meinte Rummenigge. Und: „Natürlich sind wir enttäuscht, dass wir nicht das Finale in Manchester erreicht haben, aber wir haben zwei Titel geholt, wir sind Pokalsieger und Meister. Wenn uns das einer vor der Saison gesagt hätte, dann hätten wir das einfach unterschrieben.“
Auch wenn die Begleitumstände am Ende äußerst unschön waren. Trainer Ottmar Hitzfeld, der Perfektionist, der sein 155. und letztes Europapokalspiel erlebt hatte, wusste das: „Wir haben eine katastrophale Leistung gebracht, uns den Schneid abkaufen lassen.“
Aber dann sagte auch der sonst so gestrenge Coach bemerkenswert lakonisch: „Die Kräfte schwinden. Es gibt so Tage.“ Die Bayern wollen ihre Saison als Gesamtkunstwerk betrachtet wissen. Die „Blamage“ (Hitzfeld) in St. Petersburg soll da nicht mehr sein als ein kleiner Schandfleck. Deswegen hat Hitzfeld den müden, traurigen Spielern gestern nach dem Ausscheiden in der Kabine „gratuliert zu einer tollen Saison“.
Und deswegen hat Hoeneß auf dem Weg zum Bankett im Hotel Astoria milde erklärt: „Die Mannschaft ist körperlich am Ende und geistig auch. Die müssen jetzt heute mal ein bisserl Alkohol trinken, und am Sonntag geht’s dann weiter.“ In Wolfsburg (17 Uhr, Premiere) wollen sie die Meisterschaft, also das Double, perfekt machen. Und wieder lachen. Uli Hoeneß versprach: „Wir werden feiern, weil wir viel zu feiern haben.“ Und das nach diesem 0:4. ill,ps, jo