„Fahr weiter – für mich!“

Kathi Hölzl gewinnt sensationell Gold im WM-Riesenslalom – auch für den toten Vater.
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Von Maria Riesch auf Schultern getragen: Gold-Girl Kathrin Hölzl.
Bongarts/Getty Images Von Maria Riesch auf Schultern getragen: Gold-Girl Kathrin Hölzl.

VAL D'ISERE - Kathi Hölzl gewinnt sensationell Gold im WM-Riesenslalom – auch für den toten Vater.

Sie stand einfach da und schaute erstmal ganz ungläubig. Und dann – dann stand sie plötzlich nicht mehr. Dann lag sie im Schnee, gefällt von Maria Riesch, die Kathrin Hölzl im Freudentaumel umgeworfen hatte.

Freudentaumel nach dem Sieg, nach Hölzls Goldlauf im Riesenslalom der WM von Val d’Isere. Nach der Jubelrolle im Schnee, da hob Riesch, die im Riesenslalom selber ausgeschieden war (siehe auch Text unten) die Sensationssiegerin hoch, hievte Hölzl (1,63 Meter) einfach auf ihre Schulter. Ihre Freundin, die neue Gold-Kathi, die den deutschen Skidamen den ersten WM-Sieg im Riesenslalom seit 31 Jahren, seit Maria Epple beschert hatte. Hölzl gerührt: „Ich kann’s gar nicht glauben. Im Ziel habe ich mich gar nicht auf die Uhr schauen getraut. Und dann neun Hunderstel vorne! Wahnsinn!“

Doch auch in diesem Moment ihres Triumphes, während die Teamkollegen und Trainer außer sich vor Freude waren, wirkte Hölzl gefasst, beinahe abwesend. Mit ihren Gedanken, da war die 24-Jährige auch ganz woanders: bei ihrem Vater Sebastian (†).

Der hatte sie erstmals mit auf die Piste genommen, als sie drei war. Mit fünf gewann sie ihr erstes Kinderrennen, es gab eine Pumuckl-Urkunde, später gewann sie noch ein Fahrrad. Alles unter der Betreuung des Vaters, der sie jahrelang trainierte und bis zuletzt auch ihr Sondercoach war. Zuletzt, das war Ende 2007. Im februar erlag der Vater einem Krebsleiden.

„Ja, das war eine ganz schwere Zeit für für die Kathi“, sagt ihr Manager Toni Grassl der AZ, „ich bin mir sicher, dass sie dieses Gold für ihren Vater geholt hat. Die Familienbande war sehr eng.“

Das bestätigt auch Bernhard Heitauer, der Vorstand des WSB Bischofswiesen, für den Hölzl immer noch startet. „Ich habe mir das Rennen natürlich im Fernsehen angesehen, und als klar war, dass sie Gold hat, da habe ich mir schon die eine oder andere Träne aus den Augen gewischt“, sagt der 2. Bürgermeister der Gemeinde Bischofswiesen. „Mein erster Gedanke war: Schade, dass der Wasti das nicht mehr erleben darf. Er war so ein toller Mensch, der hier auch eine Ski-Schule aufgebaut hat. Er hat die Arbeit mit den Kindern geliebt. Er hat sich von seiner Krankheit nie etwas anmerken lassen, er hat nie gejammert. Als wir erfahren haben, wie ernst es ist, war es für alle ein Schock.“

Besonders für die Tochter Kathi, die von Freunden auch Woodl (vom Englischen: wood – Holz) genannt wird. Denn sie stand dem Papa immer sehr nahe. Als er spürte, dass der Tod nahe war, pflegte ihn die Tochter, die diese Monate als ihre „Leidensgeschichte“ beschreibt, bis zum Schluss am Sterbebett. Noch kurz vor seinem Tode gab er seiner Tochter noch mit auf den Weg: „Gib bitte nicht auf, fahr weiter. Auch für mich.“

Das tat sie. Doch es fiel ihr sehr schwer. Der Sport, den sie so liebte, den ihr Vater so liebte, er war plötzlich so einsam geworden. Manager Grassl sagt: „Der Vater war ja wirklich immer da, wenn die Kathrin auf Skiern stand. Dass er dann so plötzlich nicht mehr da war, das tat ihr wirklich sehr weh. Daher denke ich, dass dieses Gold eben auch für ihn ist.“

Das glaubt auch Vorstand Heitauer. „Wer weiß, wie eng die Familie immer war und noch ist, der kann sich vorstellen, wie schwer diese Zeit war. Aber ich denke, die Kathrin ist gut aufgefangen und betreut worden. Die Hölzls wohnen ja auch alle Haus an Haus“, sagt der Bürgermeister Heitauer, „die halten alle zusammen. Ihr Bruder Michael, der früher auch gut Ski gefahren ist, der hat dann das Familienunternehmen, eine Maurerei, übernommen.“ Jetzt können die Hölzls alle zusammen feiern. „Eine Flasche Sekt haben wir aufgemacht“, sagt Grassl, „und eine Schluck haben wir auf sie genommen.“ Auf die Gold-Kathi und ihren Vater, den Wasti, der immer bei ihr ist.

Matthias Kerber

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