Ex-Profi Markus Zoecke über den Nachwuchs

Markus Zoecke fördert mit seiner International Tennis Academy junge Talente. Die dürfen die Weltrangliste erobern, müssen aber nicht. Seine Anlage ist für alle da.
Sebastian Schulke |
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„Die Verbindung von Sport und Schule darf nicht fehlen“: Akademie-Chef Markus Zoecke will Tennis-Talente fördern – und dabei nicht überfordern.
Daniel von Loeper „Die Verbindung von Sport und Schule darf nicht fehlen“: Akademie-Chef Markus Zoecke will Tennis-Talente fördern – und dabei nicht überfordern.

Markus Zoecke fördert mit seiner International Tennis Academy junge Talente. Die dürfen gerne die Weltrangliste erobern, müssen aber nicht. Seine Anlage ist für alle da.

AZ: Herr Zoecke, da wo Niki Pilic vor ein paar Jahren noch Superstar Novak Djokovic trainiert hat, schlagen Sie nun die gelbe Filzkugel übers Netz und fördern junge Talente in Ihrer International Tennis Academy in Oberschleißheim. Wie haben Sie den Zusammenbruch der Nummer eins der Tenniswelt vor einigen Wochen beim Daviscup erlebt?

MARKUS ZOECKE: Vor dem Fernseher. Das war ein unglaublicher Vorfall und ein unglaubliches Bild, die Nummer eins der Tenniswelt so am Boden liegend zu sehen. Aber das zeigt leider auch, dass sich moderne Tennisprofis immer mehr in einem Grenzbereich bewegen. Die physischen und psychischen Anforderungen sind in den letzten Jahren immer größer und extremer geworden. Das geht selbst an einem Djokovic nicht spurlos vorbei.

Momentan läuft das Tourfinale in London, im Dezember beginnt bereits die Vorbereitung für die Australian Open im Januar. Da bleibt kaum Zeit zum Verschnaufen. Was sagen Ihre angehenden Tennisprofis in der Akademie dazu?

Wir haben darüber natürlich gesprochen. Zumal ich selbst ja acht Jahre lang auf der ATP-Tour unterwegs war und bis 1996 über den Globus von Turnier zu Turnier gereist bin.

Aber einen derartigen Zusammenbruch hatten Sie nie?

Das nicht. Aber ich bin auch einige Male nach langen Reisen und harten Turnieren zurück nach Hause gekommen und habe meinem Vater gesagt: „Ich höre auf. Ich kann nicht mehr.“ Tennis schaut von außen betrachtet so leicht und verlockend aus. Du reist durch die Welt, spielst Tennis, verdienst viel Geld und hast einfach Spaß dabei. Aber ganz so einfach ist das nicht. Tennis ist ein knallharter Beruf.

Warum haben Sie damals nicht aufgehört?

Weil Tennis meine große Leidenschaft war und immer noch ist. Solche Momente wird wahrscheinlich jeder Profisportler durchleben. Und genau das macht einen großen Sportler eben aus: Nicht aufgeben, sondern weiter seinen Traum leben. Ich würde heute immer noch Tennisprofi werden wollen. Aber ich bin ehrlich gesagt auch ganz froh, dass es zu meiner Zeit nicht ganz so heftig zur Sache ging.

Laufen Ihnen da nicht die Talente davon?

Nein. Wir wollen dem Nachwuchs ja zeigen, wie man auf angenehme und verantwortungsvolle Art und Weise diesen harten Beruf erlernen kann. Kürzlich haben wir die International Tennis Academy offiziell eröffnet – und es läuft bereits sehr gut. Zehn angehende Tennisprofis, von denen bereits Spieler wie Dennis Bloemke oder Rebecca Seculic in der Profitour spielen, werden von uns gefördert und unterstützt. Und mein alter Tenniskumpel und Wimbledonsieger Michael Stich hat bereits zugesagt, dass er gerne mal als Gasttrainer bei uns auftreten möchte. Außerdem haben wir über 20 Kinder, die sich gerade mit der Filzkugel anfreunden und in unserer Tennisschule spielen.

Dann kümmern Sie sich nicht nur um auserwählte Talente, die einmal die Tenniswelt erobern sollen?

Auf keinen Fall. Das ist zwar unser Schwerpunkt. Aber genauso fördern wir auch absolute Anfänger. Wir veranstalten auch Trainingscamps. Und auch sonst können Freizeitspieler auf unserer Anlage spielen und Plätze buchen. Allerdings nur ab 16 Uhr.

Wie schafft man den Sprung vom talentierten Vereinsspieler in Ihre Akademie?

Ich arbeite mit drei weiteren Trainern zusammen. Wir beobachten junge Talente auf Turnieren und veranstalten im nächsten Jahr auch eine Casting-Tour durch Deutschland, bei der der Gewinner ein Stipendium im Wert von 35<TH>000 Euro gewinnt. Wir fördern jedoch nicht nur deutsche Talente. Hochbegabte Spieler aus aller Welt können sich vorstellen und uns zeigen, was sie drauf haben.

Sie haben bereits vor drei Jahren als Nachfolger von Niki Pilic auf der Anlage in Oberschleißheim den Tennisschläger geschwungen.

Das stimmt. Doch das war nur ein recht kurzes Gastspiel, da mir mein Gehalt nicht ausgezahlt wurde.

Warum sind Sie wieder zurückgekehrt?

Weil ich schon lange diesen Traum hatte, einmal eine Tennisakademie zu gründen und mit Talenten zu arbeiten. Und dieser Traum hat sich nun durch Wolfgang Sogorski, meinen Partner und der Investor dieses Projekts, erfüllt. Auch wenn das ein hartes Stück Arbeit war. Denn die Anlage war in keinem guten Zustand. Wir haben über 30 Container mit Müll gefüllt. Danach mussten die Plätze und Gebäude für 350.000 Euro komplett saniert werden.

Um auch irgendwann einmal die Nummer eins der Welt in der International Tennis Academy zu trainieren?

Natürlich würde ich auch sehr gerne wie Niki Pilic einen Djokovic hier in meinen Reihen haben und auf unserer Anlage trainieren. Aber deswegen habe ich die ITA nicht gegründet und aufgebaut.

Warum dann?

Der Anspruch der ITA besteht schon darin, Jungs und Mädels auszubilden, die im nationalen und internationalen Tennis eine entscheidende Rolle spielen sollen. Aber genauso wichtig ist für uns, dass die jungen Talente wissen, dass im Tennis nicht nur Titel zählen. Unser Motto lautet: „Wir machen Dich zu Deiner persönlichen Nummer eins.“ Du musst nicht die Tenniswelt erobern, sondern vor allem Spaß und einen guten Begleiter auf deinem Weg haben.

Und Sie wollen dieser gute Begleiter sein?

Genau. Wir bieten nicht nur Tennis an, sondern auch eine soziale Kompetenz. Die Verbindung von Sport und Schule darf dabei nicht fehlen. Und wenn ein Talent den Sprung zu den Profis nicht schafft, kümmern wir uns um einen zweiten Bildungsweg. Wir sind so etwas wie eine kleine Familie.

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