Ex-Beachvolleyball-Star Sara Niedrig: "Der Sport ist einfach geil!"

München - AZ-Interview mit Sara Niedrig: Die 38-jährige Starnbergerin war eine der besten Beachvolleyballerinnen der Welt. Mit ihrer Partnerin Laura Ludwig war sie zweimal Europameisterin und viermal deutsche Meisterin. Bei den European Championships in München arbeitet sie als Moderatorin.
AZ: Frau Niedrig, Sie sind in Hamburg und Berlin Europameisterin geworden - da würde ein weiterer Titel in München doch prima in die Serie passen. Wie nah oder weit weg sind Sie derzeit vom Leistungssport Beachvolleyball?
SARA NIEDRIG: Ich verfolge das schon noch, aber eher mit einem als mit zwei Augen. Selber spiele ich noch ein Mal die Woche mit Freunden an der "Playa" in Köln (Beachvolleyball-Anlage nahe des Fußballstadions, d. Red.) - das hat mir den Spaß an dem Sport, den ich so lange hatte, zurückgegeben. Wenn man etwas so lange leistungsmäßig macht, ist es halt auch ein Job. Ich freue mich jedenfalls total, bei den European Championships diese hochklassigen Spiele zu sehen und endlich wieder den ganzen Tag Beachvolleyball zu gucken. Ich werde Moderatorin am Center Court sein und die Teams interviewen. Der Sport ist einfach geil!
Sie haben vor zehn Jahren Ihre Beach-Karriere beendet, mit 28. Haben Sie irgendwann bereut, nicht noch ein paar Jahre dran gehängt zu haben?
Nein, das war für mich der richtige Zeitpunkt. Ich wusste, dass ich noch eine Ausbildung machen und Kinder kriegen will. Und ich dachte, dass ich irgendwo da bin, wo ich hingehöre. Wir sind Fünfte bei Olympia geworden, aber ich hatte nicht das Gefühl, dass dieses Feuer, das ich als kleine Blockspielerin brauchte, um ganz oben mitzuspielen, noch so richtig brannte. In dem Moment war mir klar, dass ich auf dem Niveau nicht mehr so lange mithalten kann. Es war für mich einfach Zeit aufzuhören - und das war im Nachhinein auch gut und richtig.
Bei Olympia 2016 wurde in Rio an der legendären Copacabana gespielt - wie haben Sie das erlebt?
Vorm Fernseher, aber ich habe natürlich total mitgefiebert mit Laura und ihrer neuen Partnerin. Ich hatte dabei meinen neugeborenen Sohn auf dem Arm, war in einer ganz anderen Welt. Ich hatte das Gefühl, dass alles gut und richtig ist, wie es gerade ist. Dass ich nicht spiele, sondern mit dem Kleinen daheim bin. Aber natürlich bin ich morgens um vier oder fünf aufgestanden, um das Finale zu schauen - und war unfassbar beeindruckt.
Um die Zeit ist man als junge Mutter ja öfter mal wach…
Stimmt, aber an dem Tag musste ich mir den Wecker stellen.
Das deutsche Beachvolleyball hatte bei Frauen und Männern großartige Jahre - derzeit sieht es nicht so rosig aus.
WM-Bronze für Svenja Müller und Cinja Tillmann: Dass die beiden so souverän und abgezockt spielen! Bei den Frauen kommt also auf jeden Fall etwas nach, worauf man sich freuen kann. Karla Borger und Julia Sude haben ihr Potenzial noch nicht voll ausgeschöpft, hatten eine holprige Vorbereitungszeit und zudem einen neuen Trainer - könnte sein, dass die nochmal einen Schub machen. Bei den Männern sieht es nicht ganz so gut aus. Da ist es aktuell echt dünn. Aus der Vergangenheit sind wir da eben nur recht verwöhnt. Aber ich bin sicher: Irgendwann kommen wieder zwei Talentierte. Vielleicht müssen wir noch ein wenig Geduld haben.

Die Vermarktungsagentur des DVV musste im April Insolvenz anmelden. Warum ist dieser so attraktive Sport so schwer zu vermarkten? Sogar in "Top Gun" wird Beachvolleyball gespielt...
Ich verstehe es auch nicht richtig. Es ist ein Event-Sport, der insbesondere bei den Events funktioniert, weil die Stimmung toll ist und es einfach Bock macht, das live zu sehen. Im Fernsehen funktioniert es nach wie vor nicht ganz so gut, weil die Stimmung nicht so rüber kommt - und das Fernsehen ist halt wichtig. Wenn das nicht dabei ist, wird es schwer mit der Vermarktung. Interessanterweise funktioniert es bei Multi-Sports-Events super. Ob bei Olympia oder den European Championships: Alle wollen zum Beachvolleyball!

Was war die schönste, coolste Location Ihrer Karriere?
London bei Olympia 2012 war überragend. Eine Zeit lang hatten wir einen neuseeländischen Trainer und haben bei dem an einem furchtbar schnuckeligen Strand in Mount Maunganui bei Auckland trainiert - ohne Zuschauer, aber das sind so Momente, in denen man dankbar ist, dass man sich für Beachvolleyball entschieden hat, nicht für Judo oder Tischtennis. Wir haben aber auch schon zwischen zwei achtspurigen Straßen in Moskau gespielt - das sah man dann nur nicht.