Ertl-Renz: "...dann braucht sich niemand wundern, dass es nicht klappt"
AZ: Frau Ertl-Renz, wie haben Sie den WM-Auftakt erlebt?
MARTINA ERTL-RENZ: Mit dem iPhone auf der Ispo. Bei der Super-Kombi bin ich als ARD-Kommentatorin wieder näher dran.
Wie steckt Maria Höfl-Riesch den enttäuschenden WM-Start weg?
Jeder geht damit anders um. Das Beste ist, das Geschehene auszublenden und sich auf seine Stärken zu verlassen. Das wird Maria sicher auch versuchen. Sie war immer ein Steh-auf-Männchen. Die heurige Saison ist nicht ganz einfach für sie. Aber trotzdem kann sie in der einen oder anderen Disziplin eine Medaille holen.
Höfl-Rieschs Super-G stand unter keinem guten Stern: Vor ihr stürzte Lindsey Vonn schwer. Schaut man sich so einen Sturz nochmal an?
Ich weiß nicht, ob sie es zufällig in der Berichterstattung gesehen hat. Grundsätzlich würde ich mir so was nicht nochmal anschauen, aber das ist typabhängig. Für Maria war das eine sehr schwierige Situation. Zuerst diese ewig lange Verschiebung – da hatte ich früher auch Probleme, die Konzentration zu behalten. Und wenn dann noch eine Freundin von dir stürzt – das hat Maria natürlich mitbekommen –, dann ist das für die Psyche extrem schwierig. Da braucht sich niemand zu wundern, dass das dann nicht mehr klappt.
Zuletzt hatte Markus Wasmeier kritisiert, dass es bei Höfl-Riesch mental derzeit nicht stimme. Hat er recht?
Man darf nicht vergessen: Maria ist im Gesamt-Weltcup vorn dabei, gehört zu den besten Athletinnen und hat leider heuer auch ein bissl Pech gehabt. Aber sie hat es sicher nicht verlernt. Es gibt halt auch mal Zeiten, wo es nicht ganz rund läuft – oder man Pech hat.
Acht Mal wurde sie heuer Vierte oder Fünfte.
Wenn daraus dritte Plätze werden, schaut’s gleich anders aus. Dann hat man die Podestplätze, die das Selbstbewusstsein stärken. Maria war in den letzten Jahren die Frau, die oft für Deutschland die Kohlen aus dem Feuer geholt hat. Wir können froh sein, dass wir sie haben. Sie ist eine exzellente Skifahrerin, in allen Disziplinen. Man sollte nicht so viel Druck auf sie ausüben, sondern sie einfach fahren lassen. Wenn sie gebraucht wird, ist sie immer vorne mit dabei. Ihre Leistungen und ihre Beständigkeit sprechen für sich. Sie ist auch in Situationen, wo sie am Boden lag, wieder aufgestanden und hat gewonnen.
Ganz konkret: Was ist in der Super-Kombination drin?
Da ist sie auf jeden Fall für eine Medaille gut! Tina Maze fährt in einer anderen Welt. Aber auch sie kann Fehler machen. In der Kombination schätze ich Maria am stärksten ein. Da fallen mir nicht so viele Namen ein, die man in einem Atemzug mit Maria und Maze nennen kann.
Wie schaut’s in den anderen Disziplinen aus?
Sie ist so eine tolle Slalomläuferin, wie man in Flachau gesehen hat. Da kam auch Pech dazu, dass sie nicht runter kam, sonst hätte sie gewonnen. Das ist für die Psyche natürlich nicht einfach, das weiß ich selbst gut genug. Ich glaube, dass sie im Slalom zum erweiterten Favoritenkreis zählt. Die Jungen, die heuer so gut gefahren sind, müssen erst mal dem Druck standhalten – und da hat
Maria eben schon viel Erfahrung.
Hat sie Chancen in der Abfahrt?
Ebenfalls im erweiterten Medaillenkandidatenbereich. Lindsey Vonn ist da ja jetzt auch weg.
Im Training war sie mäßig begeistert von der Piste: zu langsam, zu viele Kurven klagte Höfl-Riesch.
Ich kenne die Strecke nicht. Aber wenn es wie im Super-G relativ kurvig und drehend ist, kommen andere Läuferinnen dazu, die ein Wörtchen mitreden. Wie bei Männern, wo Ted Ligety seine Riesenslalom-Technik ausspielen konnte. Für den Stefan Keppler war das eine Katastrophe: Er ist überhaupt nicht zum Fahren gekommen.
Und dann gibt es noch den Team-Wettbewerb. Insgesamt würde Höfl-Riesch auf sechs Wettbewerbe kommen – zu viele?
Ein sehr anstrengendes Programm. Das wird sie selbst entscheiden, ob sie alles fährt. Aus DSV-Sicht würde es Sinn machen, weil man sie als Athletin braucht. Trotzdem ist es ja auch eine Einzelsportart. Da muss sie jede Pause zur Regeneration nutzen.