Erste Warnung von Franz
Es war der von Uli Hoeneß erwartete, holprige Start. Mit 4:3 gewannen die Bayern ihr Erstrundenspiel im DFB-Pokal bei Drittligist RW Erfurt. Präsident Franz Beckenbauer stichelt schon: „Jetzt müssen aber auch die Ergebnisse stimmen.“
MÜNCHEN Durchatmen, entspannen. Und einfach vergessen. Am Tag nach dem mühevollen 4:3 im Erstrunden-Spiel des DFB-Pokals in Erfurt stand eine kollektive Yoga-Einheit für die Bayern-Profis an der Säbener Straße auf dem Programm.
Jürgen Klinsmanns Stimmung nach seinem Pflichtspieldebüt schwankte zwischen Erleichterung und Entsetzen. „Gegen Erfurt haben wir die Rechnung für unsere Vorbereitung gezahlt“, analysierte er und erklärte: „Die EM-Nachzügler kamen spät zur Mannschaft und haben noch Nachholbedarf, die Spieler, die von Anfang an dabei waren, hatten erst einen Tag frei. Wir haben ein paar Lektionen bekommen. Da ist noch eine Menge Arbeit.“ Schon am Freitag beginnt die Bundesliga-Saison mit dem Heimspiel gegen den Hamburger SV. Klinsmann sprach von einem unbestimmten Zeitraum, von „ein, zwei Jahren“, bis die Spieler seine Philosophie verstanden hätten. „Ich kann eben nicht sagen, wie lange dieser Prozess andauern wird“, erläuterte Klinsmann, „ich weiß nicht, wie lange der Einzelne brauchen wird, gewisse Mechanismen aufzunehmen und sie umzusetzen. Der eine vielleicht zwei Wochen, der andere ein Jahr. Aber diese Zeitvorgaben empfinden die Leute als Ungewissheit und das bringt dann die Skepsis.“
Sogar im eigenen Hause. „Eines ist klar: Vom FC Bayern werden Erfolge erwartet, bei allen Neuerungen, die jetzt eingeführt werden“, hatte am Wochenende Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge klar gestellt und betont: „Jeder beim FC Bayern muss sich diesem Druck stellen.“ Soll heißen: Schön und gut, so eine Philosophie, aber Titel müssen her. Nicht irgendwann. Sofort. Jetzt macht auch Präsident Franz Beckenbauer Druck auf den Coach, er stichelte im „kicker“: „Jürgen hat viel auf den Kopf gestellt, jetzt müssen aber auch die Ergebnisse stimmen. Sonst nützen die Veränderungen nichts.“ In Erfurt stimmte nicht mal das Ergebnis: Wer kassiert schon drei Gegentore gegen einen Drittligisten?
Eine unsichere Abwehr mit dem völlig überforderten Daniel van Buyten zeigte den aktuellen, besorgniserregenden Zustand des Meisters auf. Doch Beckenbauer träumt. Vom Gewinn der Champions League, er nennt das Traumziel „realistisch“, weil die Bayern „mit allen mithalten“ könnten. Eine Beckenbauersche Laune? In jedem Fall verringert er dadurch nicht den Druck auf Klinsmann.
Ex-Bayern-Kapitän Stefan Effenberg hat da eine ganz andere Meinung: „Besonders die Defensive erscheint mir zu anfällig, um die Champions League zu gewinnen“, sagte er bei „spox.com“ und ergänzte: „Es gibt noch einige Teams in Europa, die den Bayern mindestens einen Schritt voraus sind. Daher wäre das Halb- oder Viertelfinale schon mal ein Teilerfolg. Diese Saison geht es darum, zu lernen.“
Patrick Strasser