Erschöpfte Bayern trotzig: Mit Toni ins Finale

München (dpa) - Nun muss es wieder Luca Toni richten. Nach dem ernüchternden 1:1 ohne den italienischen «Torminator» gegen Zenit St. Petersburg herrschte im Lager des im UEFA-Pokal schon wieder wankenden Titelfavoriten Bayern München keine Depression, sondern trotzige Zuversicht.
Trotz Kahn-und-Klose-Verletzung sowie dem nicht mehr zu übersehenden Kräfteverschleiß ist der Glaube an den Einzug in das Finale am 14. Mai und das Titel-Triple ungebrochen: «Wer Getafe überstanden hat, der übersteht auch St. Petersburg. Wir sehen uns in Manchester», sagte Bayern-Chef Karl-Heinz Rummenigge.
Manager Uli Hoeneß freute sich schon auf «eine schöne Schlacht» beim Rückspiel in Russland am 1. Mai, dem Tag der Arbeit. Kapitän Kahn beschwor für das «Finale ums Endspiel» sein legendäres Immer-weiter-machen-Motto: «St. Petersburg ist daheim nicht so stark. Und wir haben eine Truppe, die zu allem fähig ist.»
Im nur 21 000 Zuschauer fassenden Petrowskij-Stadion von St. Petersburg kann Trainer Ottmar Hitzfeld vor allem wieder seinen größten Trumpf ziehen: Luca Toni, den Retter von Getafe und Stürmer mit eingebauter Torgarantie. Denn so sehr sich Lukas Podolski und Miroslav Klose, der einen Trümmerbruch der Nase erlitt und operiert werden muss, mühten, selbst zu zweit konnten sie den gesperrten Weltmeister nicht annähernd vertreten. «Wenn wir Luca immer ersetzen könnten, dann hätten wir nicht 35 Tore von ihm gesehen in dieser Saison», meinte Hoeneß. «Es fehlte ein wenig die Kaltschnäuzigkeit von Luca, der auch aus keiner Torchance ein Tor macht.»
Insbesondere wenn Franck Ribéry, Zé Roberto oder Marcell Jansen von links den Ball in den Strafraum beförderten, wurde der brandgefährliche Toni im Strafraum vermisst: «Dann war eben kein Baum in der Mitte gestanden, den man anspielen kann», stöhnte Hoeneß.
Allein Ribéry sprang für den zehnfachen UEFA-Cup-Torschützen in die Bresche, als er seinen schwach geschossenen Foulelfmeter per Nachschuss verwandeln konnte (18.). Das Tor fiel in der Phase, als die noch energiegeladenen Bayern dominierten. «Die ersten 30 Minuten waren fantastisch. Man kann diesen Power-Fußball aber nicht 90 Minuten spielen», bemerkte Rummenigge. Der Versuch, nach der Pause «haushalterisch mit den Kräften umzugehen» (Hoeneß), wurde wie schon beim Heimspiel-1:1 gegen Getafe im Viertelfinale bestraft. St. Petersburg kam auf - und Lucio traf ins eigene Tor (60). Vorwürfe machte dem bärenstarken Brasilianer keiner. «Lucio hat überragend gespielt, das war Pech», urteilte Rummenigge.
Hitzfeld wird in der Bundesliga wieder die Rotations-Maschine anwerfen, um Spieler für St. Petersburg zu schonen. «Man darf das Rad nicht überdrehen, sonst gehen wir auf dem Zahnfleisch», warnte der Trainer. Klose fällt definitiv aus, ebenso der angeschlagene Philipp Lahm (Adduktoren-Probleme), auch Kahn dürfte pausieren.
Auf «fifty-fifty» taxierte unterdessen Hoeneß die Chancen, ins UEFA-Cup-Finale einzuziehen. Ausgerechnet Zenit-Coach Dick Advocaat stapelte dagegen tief: «Wenn ich realistisch bin, haben wir mehr Probleme als Bayern.» St. Petersburg fehlen am kommenden Donnerstag die gesperrten Verteidiger Sirl und Ricksen sowie Russlands Nationalmannschafts-Kapitän Andrej Arschawin. Die Münchner dagegen kommen mit Toni und ihrer «Mir-san- mir»-Mentalität, wie Kahn-Ersatz Michael Rensing tönte: «Wir sind hier bei Bayern München und nicht bei einem Oberligaverein. Wir können mit breiter Brust nach St. Petersburg fahren.»