"Er ist ein Verrückter"

AZ: Herr Sdunek, am Freitag (22.15 Uhr, Sat.1 live) verteidigt Ihr Schützling Felix Sturm seinen WM-Titel gegen den Briten Martin Murray . Nach seiner erschreckend schwachen Vorstellung zuletzt gegen Matthew Macklin hat er viel gutzumachen...
FRITZ SDUNEK: So sehe ich das auch und auch Felix ist sich sehr bewusst, dass er gegen Macklin fast alles falsch gemacht hat. Deswegen hat er sich jetzt in der Vorbereitung auch noch mal mehr reingehängt als er es eh schon immer tut. Felix wird ungemein variabel agieren, kontern, Druck machen, klug boxen. Und so gut wie er war, ist auch ein vorzeitiges Ende in dem Kampf nicht ausgeschlossen.
Variabel, kontern, klug boxen – genau davon war bei dem mehr als umstrittenen Sieg gegen Macklin gar nichts zu sehen. Warum hat Sturm sich in dem Kampf so über Ihre Anweisungen hinweggesetzt?
Wir haben danach lange über den Kampf gesprochen, denn auch ich wollte Antworten. Dass ein Boxer die ausgearbeitete Taktik nicht einhält, das kann es nicht geben. Hätte Felix am Ende die letzten drei Runden nicht nochmal richtig geboxt, wäre der Titel weg gewesen. Ich habe ihm ja in der Ecke deutlich gesagt, was er für einen Schrott boxt. Er hat sich auch gleich nach dem Kampf bei mir entschuldigt. Er wollte zu viel, er wollte den Fans in Köln eine tolle Show bieten. Er wollte seinen Gegner unbedingt ausknocken. Felix hat mir versprochen, dass es nun – wie er sagt – keine Straßenschlägereien mehr geben wird. Er wird wieder als Boxer agieren – und als solchem kann ihm in der Welt fast keiner das Wasser reichen.
Warum kam es nicht zum versprochenen Rematch mit Matthew Macklin?
Ich hätte das selber gerne gesehen. Wenn man sich die Karriere von Felix anschaut, war er in dem zweiten Fight immer viel besser. Er wächst mit der Aufgabe. Nachdem ihn Castillejo 2006 ausgeknockt hatte, hat er ihn 2007 vorgeführt. Das hätte ich mir hier auch gewünscht. Aber das Boxgeschäft läuft nicht immer so. Da stehen dann horrende Gagenforderungen und anderes einem Rückkampf im Weg.
Wie läuft Ihre Zusammenarbeit mit Sturm? In früheren Jahren, bevor Sie sein Trainer wurden, haben Sie ihn ja des Öfteren stark kritisiert.
Ich bin ein Mensch, der ehrlich sagt, was er denkt. Bei mir gibt es keine Lästereien hinter dem Rücken. Was mir nicht passt, sage ich dir ins Gesicht. Er wollte schon viel früher mit mir arbeiten. Schon vor vielen Jahren, als er nichts erreicht hatte, sagte er zu mir: „Herr Sdunek, Sie werden mal mein Trainer und wir werden zusammen Weltmeister.” Er war und ist ein Verrückter, aber früher hätte er vom Auftreten her einfach nicht in meine Trainingsgruppe gepasst.
Sie haben, nachdem Sie nach zwei Hüft- und einer Herz-Operation kürzer getreten sind, diese Trainingsgruppe nicht mehr. Trotzdem: Warum hätte Sturm nicht in die Gruppe gepasst?
Er hat früher eine gewisse Überheblichkeit an den Tag gelegt. Das habe ich ihm auch gesagt. Er bestand etwa drauf, dass nur er alleine auf den Kampfplakaten zu sehen war. So etwas gibt es bei mir nicht. Wir haben darüber viel geredet – und der Felix Sturm von heute würde auch in die Gruppe passen.
Felix Sturm heißt eigentlich Adnan Katic. Was halten Sie davon, dass einige Boxer – etwa Marco Huck – deutsch klingende Namen angenommen haben, um sich besser vermarkten zu können?
In meinen Augen entscheidet allein die Leistung, ob dich die Leute ins Herz schließen. Die Klitschkos sind das Paradebeispiel. Wenn man versucht, die deutsche Sprache zu beherrschen und zeigt, dass man das Land mag, ist es vollkommen egal, ob dein Name deutsch klingt. Aber bei Felix wurde das vor so langer Zeit geändert, dass ihn selbst viele seiner Freunde nur so nennen.