„Er hat diesen Sieg auf dem Schläger“
Hier erklärt Haas-Trainer Thomas Hogstedt, warum sein Schützling es schaffen kann, auch Roger Federer zu bezwingen. „Was für ein Spieler!“
AZ: Herr Hogstedt, wie erklären Sie sich die außergewöhnlichen Erfolge von Tommy Haas – erst in Halle, nun erst recht in Wimbledon?
THOMAS HOGSTEDT: Tommy hat einen unglaublichen Siegeshunger in sich. Er will noch einmal beweisen, dass er in die Weltspitze gehört, zu den ganz großen Jungs da vorne. Gegen Djokovic hat er ein Meisterstück vollbracht, und der ist ja die Nummer 4 der Welt, einer der Superstars.
Diese Wandlung erstaunt alle, die vor dem Münchner Turnier Anfang Mai hörten, Haas sei dort körperlich nicht in der Lage, zu spielen.
Er war tatsächlich in einer ganz schlechten Verfassung. Ein Start dort war wirklich nicht möglich. Aber dann hat er losgelegt wie verrückt, hat bei 12 Grad draußen trainiert – und sich Schritt für Schritt herangekämpft. Dass er jetzt im Wimbledon-Halbfinale steht, ist natürlich eine irre Geschichte. Aber es zeigt, welches Potenzial in ihm steckt, auch in diesen späten Jahren seiner Karriere.
Was zeichnet ihn gerade aus, bei diesem Turnier?
Seine Unerschütterlichkeit, seine guten Nerven, seine kämpferische Leidenschaft. Und die Qualität, bei den Big Points im Match noch mal richtig Gas zu geben. So wie es die Großen tun. Gegen Cilic hat er in der Dunkelheit zwei Matchbälle abgewehrt, da habe ich gedacht: Mann, was für ein Spieler! Das war alles oder nichts.
Hat ihm in den letzten Rasentennis-Wochen auch der Schlägerwechsel mit zu den Siegen verholfen?
Er hat eine wichtige Rolle gespielt. Ich glaube, mit seinem jetzigen Head-Schläger entwickelt er einfach mehr Power – und muss sich dabei nicht so anstrengen wie mit dem alten Racket. Das war tot.
Wie fit ist Haas mit seinen 31 Jahren noch für diese großen Matches?
Sicher nicht so wie ein 19-Jähriger. Aber er ist wieder auf einem tollen Level. Auch dank Alex Stober, dem neuen Physiotherapeuten. Einen wie ihn hat Tommy schon lange gebraucht. Die Arbeit, die die beiden zusammen machen, ist elementar wichtig.
Viele im Umfeld von Haas sehen auch seine Partnerin Sara Foster als Schlüssel zu den Erfolgen.
Absolut. Sie motiviert ihn auch, wenn er mal etwas weniger Lust aufs Training hat. Sie ist eine sehr offene, sehr direkte Frau. Sie hat selbst schon Karriere gemacht und hat deshalb auch ein gesundes Selbstbewusstsein – das kann nicht schaden.
Was trauen Sie Ihrem Schützling nun zu gegen Federer?>/b>
Ein sehr, sehr gutes Spiel. Ein Spektakel für die Zuschauer. Und natürlich den Sieg. Er hat diesen Sieg auf dem Schläger, keine Frage.
Wie schwer ist es, mit dem immer noch hitzigen Fighter Haas zusammenzuarbeiten?
Er ist ja viel ruhiger und reifer geworden. Wir kennen uns auch so gut, dass ich vergessen kann, was mal in der Hitze des Gefechts auf dem Platz gerufen wird. Ich war als Spieler auch ein Heißsporn. Fragen Sie mal meine Frau, was die dazu sagt. Eins ist aber klar: Beleidigungen lasse ich mir nicht gefallen. Das dulde ich nicht, das weiß Tommy auch.
Noch sind Sie ja derzeit offiziell beim Bayerischen Tennisverband engagiert, in dessen Camp in München.
Wie es weiter geht, wird sich nach Wimbledon entscheiden. Mit Philipp Kohlschreiber lief es ja nicht zusammen, da war nach zwei Turnieren Schluss von seiner Seite aus. Schade um Kohlschreiber.
Interview: Jörg Allmeroth