Eiszeit wegen Bronze
Der dritte Platz beim Eiskunstlauf der Paare sorgt für Unmut bei Aljona Sawtschenko und Robin Szolkowy. Vor allem ihr umstrittener Trainer Ingo Steuer ist außer Fassung.
VANCOUVER Miga, das Maskottchen, konnte einem leid tun. Denn das Stofftier war in die Hände von Aljona Sawtschenko geraten, die wie versteinert in den Katakomben des Pacific Coliseums herumstand. Sie starrte auf einen Monitor, da lief gerade nochmal ihre Kür. Als sie das Malheur ihres Partners Robin Szolkowy sah, wie er beim Doppel-Axel stürzte, lächelte sie süßsauer, zerquetschte das Plüschvieh und stapfte davon.
Kurz davor war das Duo aus Chemnitz mit Bronze geehrt wurden, Platz 3 im Paarlauf, hinter den beiden chinesischen Paaren Xue/Hongbo und Qing/Jian. Glücklich machte sie das nicht, im Gegenteil. Selten hatte man wohl missmutigere Medaillengewinner gesehen.
Gold wollten sie, nichts anderes. Es wäre eine Genugtuung gewesen, gerade für Ingo Steuer, ihren Betreuer. 2006 durfte er mit seinem Paar nicht nach Turin, wegen seiner Stasi-Vergangenheit als IM „Torsten". Nun war das für den DOSB kein Thema mehr, für die hiesigen Zeitungen in Vancouver aber schon. Die „Globe and Mail" etwa nannte Steuer „one of the most controversial figures“, eine der umstrittensten Personen bei den Winterspielen.
Dabei wirkte Steuer vor der Entscheidung gelassen, erfreut, nun bei Olympia sein zu dürfen. Doch das änderte sich nach der Kür schlagartig.
„Ich bin enttäuscht", klagte er, „das Ziel war Gold, und jetzt haben wir nur Bronze.“ Kein Anflug von Lächeln, nur Verbitterung darüber, dass sein Paar in der Kür noch vom zweiten auf den dritten Platz abschmierte. Dass Sawtschenko den dreifachen Toeloop nur doppelt sprang. Dass Szolkowy nach dem Doppel-Axel auf dem Eis lag.
Oberfunktionär Thomas Bach zeigte sich milde: „Fehler sind doch menschlich, so was kann passieren.“ Steuer sah das anders. Er sprach allen Ernstes von einem „schmerzhaften Erlebnis“ und als er gefragt wurde, ob er den Doppel-Axel nicht lieber hätte aus dem Programm nehmen sollen, meinte er über Szolkowy gnadenlos: „Den hätte es doch heute auch beim Salchow hingelegt. Ich kann nicht begreifen, warum diese Fehler passiert sind, und der Robin wieder daneben gehauen hat.“ In diesem Moment klang es eher, als habe Steuer daneben gehauen und zwar verbal.
Was er sonst noch zu sagen hat, das wird alles bald zu lesen sein. Steuer hat ein Buch geschrieben, das „Eiszeiten“ heißt, passend zu seiner Mimik am Montagabend. Da will er auspacken, das mit der Stasi aus seiner Sicht schildern, wie das alles war bei ihm „im Machtspiel von Funktionären, Politikern und Geheimdienst", so der Untertitel.
Am Montag packte er erst einmal ein, Olympia war für ihn gelaufen, auch über die Zukunft sagte er nichts mehr: „Darüber reden wir nach der WM im März."
Am Ende war zumindest noch Robin Szolkowy halbwegs moderat. „Es ist halt schade, eine Olympia-Kür gibt es nur einmal in vier Jahren. Aber Glückwunsch an die Chinesen, die waren besser.“ Dann nahm er nochmal die Medaille in die Hand, sanfter als Frau Sawtschenko den Seebären Miga, und meinte: „99 Prozent aller Leute wären zufrieden, wenn sie Bronze gewinnen würden." Zumindest seine Partnerin und Ingo Steuer gehörten an diesem Abend zu dem einen anderen Prozent.
Florian Kinast