Eisschnelllauf ohne „Golden Girls“ vor ungewisser Zukunft
KÖLN - Am Donnerstag beginnt in Erfurt die Eisschnelllauf-Saison, die erste nach dem Rücktritt der Olympiasiegerinnen Anni Friesinger-Postma und Daniela Anschütz-Thoms. Doch auch wegen der Causa Pechstein herrscht im Verband Ungewissheit.
Anni Friesinger-Postma und Daniela Anschütz-Thoms zurückgetreten, Claudia Pechstein noch bis Februar gesperrt – ohne seine „Golden Girls“ blickt der deutsche Eisschnelllauf zu Beginn der neuen Saison in eine ungewisse Zukunft. Vor dem Auftakt-Wettkampf am Donnerstag bei den deutschen Meisterschaften in Erfurt und auch mit Blick auf den Höhepunkt im März bei der Einzelstrecken-WM in der neuen Inzeller Eishalle ist Skepsis angebracht. Das weiß auch Verbandsboss Gerd Heinze. „Ich bin Realist. Natürlich wird es schwer, an die Erfolge der vergangenen Jahre anzuknüpfen. Solche Läuferinnen sind nicht zu ersetzen“, sagte der Präsident der Deutschen Eisschnelllauf-Gemeinschaft (DESG).
Zwei Siegläuferinnen sind dem erfolgsverwöhnten Verband geblieben: Top-Sprinterin Jenny Wolf und Langstrecken-Spezialistin Stephanie Beckert. Und neben diesen beiden Namen geistert zu Saisonbeginn auch weiter der von Pechstein durch die Szene. Die Dopingsperre der fünfmaligen Olympiasiegerin läuft am 9. Februar 2011 aus, zwei Tage später beginnt in Calgary die Mehrkampf-WM. Nicht ausgeschlossen, dass Pechstein dort ihr Comeback gibt. Der Verband steht einer Rückkehr der dann knapp 39-jährigen Berlinerin zumindest aufgeschlossen gegenüber.
„Wenn die sportlichen Leistungen da sind, werden wir ihr den Weg nicht versperren“, sagte Heinze: „Ich traue ihr ein Comeback zu. Sie hat außergewöhnliche sportliche Fähigkeiten und den unbedingten Ehrgeiz, der Welt noch mal zu zeigen, dass sie es kann.“ Pechstein ist derzeit wegen der Folgen eines Nervenzusammenbruchs krank geschrieben. Wenn sie wieder fit ist, muss sie voraussichtlich in Vollzeit ihren Dienst bei der Bundespolizei antreten. Bis zum Ende der Sperre darf sie nicht mit der Nationalmannschaft trainieren und muss sich alleine vorbereiten. Ob ihr unter diesen Umständen ein Comeback gelingt, ist fraglich. Am Montag (8. November) stellt Pechstein zunächst ihre Autobiografie `Von Gold und Blut – Mein Leben zwischen Olymp und Hölle" in Berlin vor.
Rein sportlich setzen die Verantwortlichen vor allem mit Blick auf die Heim-WM in Inzell ihre Hoffnung in andere Läuferinnen. Neben 500-m-Weltrekordlerin Wolf und Langstreckenspezialistin Beckert, bei Olympia in Vancouver mit Mannschafts-Gold und zwei Silbermedaillen (3000 und 5000 m) erfolgreichste deutsche Eisschnellläuferin, soll sich vor allem Monique Angermüller in der Weltspitze festsetzen. „Sie wird sich steigern“, sagte Heinze, „ich bleibe zuversichtlich“.
Chef-Bundestrainer Markus Eicher, der nach dem Weggang des Niederländers Bart Schouten in der DESG nun auch für die Männer verantwortlich zeichnet, bleibt zumindest mit Blick auf die „zweite Reihe“ und das Team, das gleich zwei Olympiasiegerinnen ersetzen muss, zurückhaltend. „Im ersten Winter erwarten wir nicht die ganz großen Resultate.“ Nach den Eindrücken aus den Trainingslagern, in denen Frauen und Männer wieder gemeinsam übten, ist Eicher aber immerhin überzeugt: „Bei den Männern haben wir den Abwärtstrend umgedreht.“
SID
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