Interview

Eiskunstläuferin Aljona Savchenko : "Ein unvergesslicher Moment"

2018 hat Eiskunstlauf-Queen Aljona Savchenko mit Bruno Massot ihre Karriere in Pyeongchang gekrönt. In der AZ spricht sie über die Goldmedaille, große Enttäuschungen und den eigenen Nachwuchs.
von  Thomas Becker
Perfekte Kür: Aljona Savchenko und Bruno Massot haben 2018 Gold im Paarlauf gewonnen. Beinahe wären sie auch noch in Peking zusammen angetreten. Nun arbeitet Savchenko als Expertin bei Eurosport.
Perfekte Kür: Aljona Savchenko und Bruno Massot haben 2018 Gold im Paarlauf gewonnen. Beinahe wären sie auch noch in Peking zusammen angetreten. Nun arbeitet Savchenko als Expertin bei Eurosport. © imago images/ZUMA Wire

München - AZ-Interview mit Aljona Savchenko: Die 38-Jährige war sechs Mal Weltmeisterin im Paarlauf. Bei den Olympischen Spielen 2018 in Pyeongchang krönte sie mit ihrem Partner Bruno Massot ihre Karriere mit dem Gewinn der Goldmedaille. Sie arbeitet nun unter anderem als Expertin bei Eurosport.

Aljona Savchenko: Olympia in Pyeongchang besonders in Erinnerung

AZ: Frau Savchenko, wie geht's eigentlich Ihrer Goldmedaille? Wo hat Sie die letzten vier Jahre verbracht?
ALJONA SAVCHENKO: Der geht's gut. Die hing an der Wand, ist jetzt aber eingepackt, weil ich gerade in eine andere Wohnung umziehe.

Wie präsent sind die für Sie sicherlich so besonderen Spiele von Pyeongchang heute noch?
Ich glaube, das wird immer etwas Besonderes bleiben, eine der besten und schönsten Erinnerungen überhaupt. Das, was wir erlebt haben, wird so niemals wieder passieren. Das waren schon spezielle Olympische Spiele: wie alles gelaufen ist, wie wir gewonnen haben. Das bleibt immer in meinem Herzen.

Goldmedaille im fünften Anlauf: Erschöpft und glücklich

Was ist stärker in Erinnerung: die Sekunden direkt nach der Kür, als ihr wusstet, dass ihr etwas Unglaubliches geleistet habt, oder dieses lange Warten, bis endlich klar war, dass es für Gold gereicht hat?
Wenn ich direkt antworte, sage ich: gleich nach dem Lauf. Diese Momente, als wir auf dem Eis lagen. Unvergesslich! Wir hatten alles gegeben, lagen da total erschöpft, glücklich. Das ist schon die stärkste Erinnerung.

Olympia-Gold im fünften Anlauf: Wie sind Sie am Tag danach aufgewacht? Erlöst, erschöpft oder einfach nur leer im Kopf?
Vor lauter Presseterminen hatten wir keine Zeit, an irgendetwas zu denken. Natürlich waren wir erschöpft und glücklich, es endlich geschafft zu haben. Ich habe lange gebraucht, bis ich das überhaupt geglaubt habe, dass ich jetzt Olympiasiegerin bin. Ich weiß noch, dass mein Partner Bruno mit der Medaille unterm Kissen geschlafen hat. Die Tage danach waren einfach zu kurz, wir waren nur unterwegs, zwei Tage lang. Danach war ich wirklich erschöpft, habe eine Woche lang flachgelegen. Wir hätten am letzten Tag der Spiele noch ein Schaulaufen gehabt, aber das mussten wir absagen. Ich war komplett krank, konnte mich nicht mehr bewegen. Und Bruno hat es dann auch noch erwischt.

Savchenko: Muttersein ist das Schönste

2019 sind Sie dann Mutter geworden. Wie hat Sie das verändert?
Das war wieder einer der schönsten Momente in meinem Leben. Ich bin erfahrener geworden, schaue nun mit anderen Augen auf die Welt. Und ich schätze meine Eltern mehr als davor. Muttersein ist das Schönste, was passieren kann, aber auch eine Herausforderung, auch körperlich: nicht schlafen zu können und trotzdem für dein Kind da zu sein.

Wieder ein Jahr später sind Sie mit Bruno Massot wieder auf dem Eis gestanden: nicht bei einem Wettkampf, sondern bei der Show Holiday on Ice. Wie hat Ihnen das gefallen?
Holiday on Ice war auch schon 2018, 2019 mussten wir die Show abbrechen, weil ich schwanger wurde, dann kam Corona, und keine Auftritte mehr zu haben, war für uns natürlich ein Schlag, eine Katastrophe. Das hat mich schon runtergezogen. Wir mussten neue Wege suchen, um unsere Familien ernähren zu können. Das hat mir schon wehgetan. Natürlich ist der Wettkampf für mich immer noch etwas Besonderes, etwas, das mich antreibt. Ich bin schon eher ein Wettkampftyp, ich liebe den Wettkampf mehr als Shows. Die Show ist halt etwas dazu.

Savchenko: Kein Start bei Olympia 2022 nach Tod des Trainers

Stimmt es, dass Sie 2022 noch mal bei Olympia starten wollten?
Ich konnte mir schon vorstellen, da mit Bruno zu laufen. Wir hatten auch mit den Trainern darüber gesprochen, dass wir vielleicht zurückkommen. Ich habe auf Bruno gewartet, aber nach dem Tod seines Trainers hat er sich zurückgezogen. Wenn es diesen Trainer heute noch geben würde, hätte Bruno glaube ich noch mal mitgemacht. Aber ohne ihn konnte er sich das nicht mehr vorstellen.

Eine herbe Enttäuschung.
Natürlich, aber ich verstehe Bruno auch. Jeder hat seine Motivation, seine Ziele. Für ihn war das Thema Olympia praktisch erledigt, und das musste ich akzeptieren. Ohne ihn geht es aber nicht.

Wettkampf bedeutet immer Druck. Fehlt Ihnen das, oder sind Sie froh, dass das nach all den Jahren nun vorbei ist?
Mich hat der Druck nicht gestört, es hat mich vielmehr motiviert. Klar fehlt mir der Wettkampf, ich muss mir andere Ziele im Leben setzen, einen anderen Weg finden - und genauso kämpfen für das, was ich erreichen möchte. Klar, man kann nicht ein Leben lang Wettkämpfe bestreiten, obwohl ich das so liebe.

Savchenko: Talente von klein auf fördern und trainieren

Derzeit arbeiten Sie in Oberstdorf als Trainerin mit jungen deutschen Athleten. Wie ist es um den deutschen Eiskunstlauf-Nachwuchs bestellt?
Offiziell bin ich bislang keine Trainerin, sondern habe nur geholfen, weil Trainer Alexander König 2018 nach Berlin gegangen ist und mich gefragt hat, ob ich seine zwei Sportler hier in Oberstdorf unterstützen kann. Ich habe gesagt: ‚Wenn ich da bin, helfe ich.' Aber ich habe ja ein kleines Kind und kann nicht voll da sein. Aber der Nachwuchs ist womöglich mein nächstes Projekt: eine Talentförderung starten. Was in Deutschland fehlt: dass man von klein auf die Grundlagen schafft. Es fehlen gute, ausgebildete Trainer. Unterstützung gibt es erst, wenn man schon was erreicht hat - aber das sind dann nur so wenige. Da würde ich mir schon ein Team wünschen, mit dem man etwas aufbauen kann.

Apropos Nachwuchs: Bruno Massot hat einen Sohn, Sie eine Tochter - von den Genen her könnte das ein Traumpaar auf dem Eis werden, vielleicht bei Olympia 2038?
Von den Genen her ja, aber ob die beiden Eislaufen und das auch noch zusammen, ist eine andere Geschichte. Wir werden sehen.

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