Eisenbichler und Geiger: Die neuen Doppeladler mit Chancen bei der Tournee

München - Wenn man Martin Schmitt so zuhört, dann könnte die bevorstehende Vierschanzentournee von überschaubarer Spannung sein.
"Eindeutiger Favorit" ist für den Eurosport-Experten der norwegische Dominator Halvor Egner Granerud, der zuletzt fünf Weltcupsiege in Serie feierte.
Favorit ist der Norweger Granerud
"Er ist schon lange in Top-Form und derzeit in einem Flow. Im Moment stimmt alles bei seinen Sprüngen", schwärmte Schmitt, "sein Absprung geht immer in die richtige Richtung, er hat ein gutes Flugsystem, alles wie an der Schnur gezogen."
Zum Glück aus deutscher Sicht kommt noch ein Aber: "Er ist nicht unverwundbar."
Es wird spannend auf den vier Schanzen
Und hier kommen die DSV-Helden Markus Eisenbichler und Karl Geiger ins Spiel. Ersterer hätte mit zwei Weltcup-Siegen und Letzterer bei der Skiflug-WM in Planica gezeigt, dass Granerud "nicht unverwundbar" ist, "Markus hat bewiesen, dass man ihn fordern und Karl, dass man ihn sogar schlagen kann", sagte der ehemalige Weltmeister. "Granerud springt nicht in einer eigenen Liga. Er liegt nicht 15 Punkte vor allen anderen, sondern ist lediglich eine Nasenspitze voraus."
Okay, Nasenspitze klingt so, als könnte es zwischen Weihnachten und Dreikönig auf den vier Schanzen in Deutschland und Österreich doch spannend werden. Schmitt: "Die Deutschen brauchen sich nicht zu verstecken."

Nach 19 Jahren ein deutscher Tourneesieger?
Seit 19 Jahren wartet Fernseh-Deutschland auf einen deutschen Tourneesieger. Zuletzt gelang dies Sven Hannawald in der Saison 2001/02, in den Jahren zuvor war Martin Schmitt zweimal Dritter und einmal Vierter. Durch die große Erwartungshaltung werde "die Aufgabe größer als sie eigentlich ist", meint Schmitt.
Die Voraussetzungen für die deutschen Doppeladler seien "sehr gut, aber das waren sie früher auch schon mal. Wir sind drei Mal als Doppelspitze zur Tournee angereist und haben nix gewonnen", erzählt er aus seiner Zeit mit Sven Hannawald.
Geigers Performance hängt von seiner Corona-Erkrankung ab
Wie und ob Geiger beim Tourneestart vor seiner eigenen Haustür in Oberstdorf wieder ins Geschehen eingreifen kann, hängt vom Verlauf seiner Corona-Erkrankung ab. "Wenn er symptomfrei bleibt, sollte er nicht allzu viel verlieren", meint Schmitt.
Das Krafttraining in dieser Phase der Saison bestehe nur aus kurzen, intensiven Reizen: "Da sollte ihn die Corona-Pause nicht zurückwerfen", so Schmitt. Eisenbichler als Zweitem der Gesamtwertung traut er wiederum einiges zu: "Er wird über die Pause jetzt wahrscheinlich besser werden, handlungsfähiger, so dass er die Nuancen feiner spürt."
Wellinger und Freitag mit null Weltcup-Punkten dabei
Mit jeweils null Weltcup-Punkten kommen derweil Andreas Wellinger und Richard Freitag zur Tournee. Freitag wurde in diesem Winter noch gar nicht fürs Team berücksichtigt, Olympiasieger Wellinger, der nach einem Kreuzbandriss eineinhalb Jahre pausieren musste, hat sich laut Bundestrainer Stefan Horngacher "ziemlich ins Abseits manövriert".
Schmitt sieht Wellinger derzeit auch "nicht im Top-10-Bereich, aber er kann Dinge schnell umsetzen, ist nicht so verkopft und wird mit der Situation zurechtkommen".
Auch Severin Freund nicht auf gewohnter Höhe
Auch der frühere Weltmeister Freund erreicht derzeit nicht mehr sein Top-Niveau früherer Tage. "Ein paar Sachen stimmen, aber es fehlt noch einiges. Das wird nicht einfach", sagt Schmitt. Für den Tournee-Start am 28. Dezember hat Horngacher sechs Plätze für den A-Kader und sechs für die nationale Gruppe.
Wellinger, Freitag und Freund müssen befürchten, in der nationalen Gruppe zu starten, da Springer wie Pius Paschke oder Martin Hamann am früher so famosen Flug-Trio vorbeigezogen sind.