Einseitige Begabung: Deutschland wirft

Fünf der sieben WM-Medaillen für den DLV holen in Daegu Stoßer und Werfer. Zum Abschluss wird Matthias de Zordo mit dem Speer Weltmeister – und Hammer-Favoritin Betty Heidler holt Silber.
Matthias Kerber |
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Fünf der sieben WM-Medaillen für den DLV holen in Daegu Stoßer und Werfer. Zum Abschluss wird Matthias de Zordo mit dem Speer Weltmeister – und Hammer-Favoritin Betty Heidler holt Silber

DAEGU Drei Mal Gold, drei Mal Silber, ein Mal Bronze – nur drei Jahre nach der Katastrophenbilanz bei Olympia in Peking, als die deutschen Leichtathleten mit einer einzigen Bronzenen an der totalen Blamage vorbei geschrammt waren, hat die deutsche Leichtathletik im südkoreanischen Daegu eine (edelmetallisch) strahlende Wiederauferstehung gefeiert. Das Titel-Triple ist die beste deutsche Gold-Ausbeute seit zehn Jahren.


Eines ist klar, die Nation, die sich gerne auch als das Land der Dichter und Denker bezeichnet, ist zu einem Land der Stoßer und Werfer geworden. Von den sieben Medaillen, die Deutschland holte, stammen mit den Gold-Jungs Robert Harting (Diskus), David Storl (Kugel) und Matthias de Zordo (Speerwerfen) und den Silberfrauen Nadine Müller (Diskus) und Betty Heidler (Hammerwurf) gleich fünf aus der Werfer-und-Stoßer-Gilde und auch Siebenkämpferin Jennifer Oeser musste sich mit der Kugel und dem Speer abmühen, um am Ende Silber zu holen. Stabhochspringerin Martina Strutz ist die einzige Ausnahme in dieser Erfolgsgeschichte. „Das zeichnet sich schon länger ab. Beim Sprint spielen wir keine Rolle, aber in den Kraft- und Technik-Disziplinen haben wir nicht nur ein Wörtchen mitzureden, da können wir große Reden schwingen”, sagte Deutschlands Zehnkampf-Ikone Frank Busemann, der bei Olympia 1996 Silber geholt hatte.


Deutschland wirft. Und wie! Am Samstag kanalisierte der ewige Zappelphilipp Matthias de Zordo seine Hyper-Energie auf den Speerwurf und schleuderte sein Arbeitsgerät auf 86,27 Meter – Gold für den Mann, der sich liebend gerne von Fast Food (falsch) ernährt. „Ich habe meine Mama früher mit meiner Zappelei ganz schön genervt. Da hat sie mich im Sportverein angemeldet. Das war das einzige, was mich je interessiert hat”, sagte der 23-jährige Vizeeuropameister von Barcelona 2010.


Dieses Gold ist für ihn eine große Genugtuung, denn dass seine Abneigung gegen zu hartes Training dokumentiert ist, nervt ihn: „Wie man gesehen hat, mache ich ja meinen Job. Zuletzt habe ich immer wieder gelesen, ich sei ein fauler Sack. Das stört mich. Ja, ich trinke mal ein Bier und ja, ich gehe auch zu bösen Fastfoodketten, aber man sollte Fünf schon gerade sein lassen.”
Doch selbst sein Trainer, der frühere Weltklasse-Speerwerfer Boris Henry, spart nicht mit Kritik am Trainingsfleiß seines Schützlings. 2006 hatte sich „Zorro”, wie de Zordo von seinen Freunden nur gerufen wird, bei Henry per E-Mail beworben. „Er ist kein Trainingsweltmeister, es gibt Übungen, die mag er nicht. Er muss sich eben wohlfühlen”, sagt Henry, „der Erfolg gibt ihm Recht. Auch, wenn ich ihm hier den Titel nicht zugetraut hatte.” Aber de Zordo hat eben, wie er über sich selber sagt, „den Killerinstinkt”.


Der fehlte am Sonntag dann allerdings bei der Ausnahme-Hammerwerferin Betty Heidler. Sie, die acht der zehn weitesten Würfe der Saison abgefeuert hatte, musste sich mit Silber begnügen. Da flossen bittere Tränen. „So habe ich mir das nicht vorgestellt”, sagte Heidler, „ich bin sehr enttäuscht. Jetzt muss ich eben die Goldene wann anders holen.”


Am besten bei Olympia 2012 in London. Die Aussichten für die deutschen Werfer und Stoßer sind da gülden. Harting (26), Storl (21), de Zordo (23), Müller (25) und Heidler (27) sind alle so jung, dass ihnen in London abermals der große Wurf gelingen kann.

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