"Einfach geil" - Biathleten holen Staffel-Gold
Die deutschen Biathleten wollten den ganz großen Coup landen. Staffel-Gold war das Ziel. Und dank einer phänomenalen Teamleistung konnten Erik Lesser, Daniel Böhm, Arnd Peiffer und Simon Schempp sich ihren großen Traum erfüllen.
Kontiolahti - Schon weit vor dem Ziel hatte Simon Schempp Zeit, das unglaubliche Glücksgefühl so richtig zu genießen: Mit der wehenden Deutschland-Fahne in der Hand und einem strahlenden Siegerlächeln lief der 27-jährige Biathlet seinen Teamkollegen in die Arme, die sich in großartiger Manier ihren langersehnten Gold-Traum in der Staffel erfüllten. Einen Tag nach dem Überraschungscoup der Damen holten die Olympia-Zweiten Erik Lesser, Daniel Böhm, Arnd Peiffer und Simon Schempp den ersten deutschen Staffel-WM-Sieg seit elf Jahren und krönten damit eine mannschaftliche Leistung der Extra-Klasse.
"Es ist einfach der Hammer. Es war heute was ganz Besonderes. Ich war so aufgeregt und angespannt. Ich bin nach Warmlaufen noch mal Duschen gegangen, das mache ich sonst nie", berichtete Schempp in der ARD euphorisch. Nachdem der Uhinger den alles entscheidenden Schuss ins Schwarze gesetzt hatte, brachen im Zielraum bei seinen Teamkollegen, den Trainern und Betreuern alle Dämme. Co-Trainer Andi Stitzl vergoss an der Strecke Freudentränen, ehe er Schempp am letzten Berg Jubelschreie hinterherjagte.
"Die Nummer eins. Der Fleißige wird belohnt, wir waren heute einfach dran", sagte Lesser, der sich nach Gold in der Verfolgung nun sogar Doppel-Weltmeister nennen kann. "Einfach der Wahnsinn, einfach nur geil", jubelte Böhm nach seinem ersten WM-Titel und sein Oberhofer WG-Kumpel Peiffer meinte: "Es ist was ganz Besonderes heute. Schön, dass ich das mit den drei erleben durfte."
Mit dem Sieg vor Titelverteidiger Norwegen (+ 15,4 Sekunden) und Frankreich (33,6 Sekunden) sorgte das nur mit drei Nachladern belastete Quartett für den ersten deutschen WM-Staffelsieg seit der Heim-WM 2004, den letzten großen Staffel-Titel gewannen die Deutschen zwei Jahre später bei den Olympischen Spielen in Turin. Die letzte WM-Staffelmedaille gab es vor zwei Jahren in Nove Mesto mit Bronze. Insgesamt ist es die vierte Medaille in Kontilahti.
Ein Platz auf dem Podium war in diesem prestigeträchtigen Rennen fest eingeplant, insgeheim hoffte man aber auf nicht weniger als auf Gold. "Es ist endlich mal Zeit für Gold", hatte Verfolgungs-Weltmeister Lesser vor dem Startschuss gesagt. Und auch Bundestrainer Mark Kirchner legte seine sonst offensiv zur Schau gestellte Zurückhaltung diesmal ab: "Der Titel ist das Ziel."
Einen Blick für den malerischen Sonnenuntergang an der "Bärenbucht" hatten die Skijäger nicht - dafür ging es um zu viel. Startläufer Lesser untermauerte mit zehn schnellen Schuss ins Schwarze sein nach Verfolgungs-Gold gewachsenes Selbstvertrauen und schickte Daniel Böhm als Dritten auf die führenden Norweger in die Loipe. Der 28-jährige Böhm, der bereits in der Mixed-Staffel und im Einzel mit starken Leistungen aufwarten konnte, zeigte sein über die gesamte Saison erarbeitetes neues Selbstbewusstsein. Er schloss sofort die Lücke und kam als Führender zum Stehendschießen. Da brauchte er zwar zwei Nachlader, trotzdem hielt Böhm als Dritter nur 3,1 Sekunden hinter Frankreich sein Team auf Kurs. Und Peiffer demonstrierte, was das deutsche Team so stark macht: die Ausgeglichenheit. Läuferisch ohnehin auf einem Top-Niveau zeigte der Harzer auch am Schießstand traumhaft sichere und schnell gesetzte Schüsse, allesamt ins Schwarze.
So ging Schlussläufer Schempp mit einem Vorsprung von 15 Sekunden auf die ihn jagenden Konkurrenten Emil Hegle Svendsen aus Norwegen und den Tschechen Ondrej Moravec in die alles entscheidende Rennphase. "Ich möchte nicht in Simons Haut stecken. Emil im Nacken zu haben, ist nicht unbedingt das Schönste", sagte Peiffer mit Blick auf das alles entscheidende Duell. Doch Schempp agierte wie seine Teamkollegen weltmeisterlich, selbst ein Nachlader im stehenden Anschlag konnte ihn nicht aus dem Konzept bringen.
Am Sonntag wollen die Deutschen dann in den abschließenden Massenstarts für weitere WM-Medaillen sorgen.
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