Ein Törn mit bitterem Beigeschmack

Aaliyah haben sie schon lange losgeschickt. Im Februar im Hafen von Hamburg. Acht Wochen lang fuhr Aaliyah in einem Schiffscontainer um die halbe Welt, im April kam sie dann in Qingdao an, um zu warten auf ihre beiden Gefährtinnen. Auf Vivien Kussatz, und auf Steffi Rothweiler, die Europameister.
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Wollen sich auch bei Olympia mächtig reinhängen: Steffi Riothweiler (li.) mit ihrer Berliner Kollegin Vivien Kussatz.
privat Wollen sich auch bei Olympia mächtig reinhängen: Steffi Riothweiler (li.) mit ihrer Berliner Kollegin Vivien Kussatz.

MÜNCHEN - Aaliyah haben sie schon lange losgeschickt. Im Februar im Hafen von Hamburg. Acht Wochen lang fuhr Aaliyah in einem Schiffscontainer um die halbe Welt, im April kam sie dann in Qingdao an, um zu warten auf ihre beiden Gefährtinnen. Auf Vivien Kussatz, und auf Steffi Rothweiler, die Europameister.

Bei Olympia segeln sie jetzt um eine Medaille. Aaliyah, das Boot. Kussatz (35), die Berlinerin. Rothweiler (28), die Haidhauserin.

Groß wurde Rothweiler in Friedrichshafen. Wo Segeln Familiensache war: Großonkel Bruno Diesch einst Europameister im Schärenkreuzer vor dem Zweiten Weltkrieg. Dieschs Söhne Jörg und Eckart 1976 in Montreal gar Olympiasieger im Flying Dutchman. Rothweilers Cousin Albert Batzill vier Mal Weltmeister, ebenfalls Flying Dutchman.

Vor acht Jahren, mit 20, zog Rothweiler dann zum Jura-Studiums nach München. Vom Nordufer des Bodensees auf die rechte Isarseite. „Haidhausen ist längst meine zweite Heimat“, meint Rothweiler beim Gespräch in einem Café am Preysingplatz. Wohl fühlt sie sich hier. Wohler als bei Olympia. Denn die Vorfreude auf die Spiele ist so getrübt wie das Wasser in Qingdao.

Zwar haben sie das Meer von den Algen befreit, aber als Rothweiler und Kussatz vor zwei Wochen zum Training dort waren, war es lange noch nicht sauber. „Eine fürchterliche Dreckbrühe“, sagt Rothweiler, „auch wenn die Algen weg sind, ich mag nicht wissen, was da an Chemikalien und Gift herumschwimmt. Das ist immer sehr angenehm, wenn du da so eine Gischt abbekommst.“ Ein Segeltörn mit bitterem Beigeschmack.

„Manchmal“, sagt sie „fragst du dich, warum sie die Spiele dahin vergeben haben.“ Und damit meint Rothweiler nicht nur das Segelrevier 800 Kilometer südöstlich von Peking, dieser alte Kolonial-Handelsstützpunkt, von 1897 bis 1914 Hauptstadt des „Deutschen Schutzgebiets Kiautschou“. Qingdao, wo Rothweiler und Kussatz von den Spielen in Peking wenig mitbekommen.

Schal ist Rothweilers Gefühl wegen der gesamten Spiele. Wegen China, wegen der Menschenrechtslage, wegen der Überwachung der Sportler.

Beim Olympiatest vor einem Jahr, erzählt sie, hätten sie einige Aufpasser gehabt. Eines Abends um halb elf habe dann beim Sportdirektor der deutschen Segler, das Telefon geläutet. Ein Chinese habe angerufen, um mitzuteilen, dass noch nicht alle deutsche Segler auf dem Zimmer sind.

Orwell, 1984? China, 2008.

Und doch soll alles nun glücklicher laufen als 2004 in Athen. Damals kam es zwischen Rothweiler und Mitseglerin Monika Leu zum großen Krach, und so schipperten die beiden prompt als letzte ins Ziel. Mit Kussatz dagegen ist Rothweiler befreundet, miteinander werden sie sich dann abends im Hotel im Laptop den DVD-Pack anschauen, die Rothweiler mitnimmt. Den Monaco Franze und Kir Royal.

Die Dietl-Serien, die Rothweiler schon auf Mallorca dabei hatte, wo sie oft trainieren. Auf der Berta. Benannt nach ihrem spanischen Trainer Garcia. Vorname Alberto.

Und die Aaliyah? Ist arabisch und heißt die Schnellste, die Beste. Und so soll das Boot seinem Namen alle Ehre machen, bei den elf Rennen zwischen 11. und 18. August.

Danach fliegen Rothweiler und Kussatz wieder heim. Nach Berlin und Haidhausen. Aaliyah kommt dann wieder nach Hamburg. Später. Irgendwann, so Ende Oktober.

Florian Kinast

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