"Ein Schuss vor den Bug"
Alpinchef Maier hadert mit der Mentalität der Skistars. Lob gibt’s nur für Maria Riesch.
GARMISCH-PARTENKIRCHEN - Sigi Riesch ist froh, dass alles vorbei ist, dass seine Töchter wieder entspannter durchs Leben gehen können. Maria, die Gestresste, und Susanne, die mal wieder Gescheiterte. „Ach, die Susanne ist ganz okay“, meinte Papa Riesch zum Gemütszustand der im Slalom erneut ausgeschiedenen Trainingsweltmeisterin.
Mit Zwillingsbruder Matthias besuchte sie am Samstagabend den „Tirol Berg“, um mit dem Rest der Familie die Heim-WMzu beschließen. Manöverkritik wird es beim gemütlichen Abendessen nicht gegeben haben – dafür sind andere zuständig. Wolfgang Maier zum Beispiel. Der Alpindirektor des DSV ist am letzten Tag von sportlichen Großveranstaltungen traditionell der gefragteste Mann, wenn es an die Bilanz geht. Und er fand kritische Worte, gerade für die Slalom- Frauen wie Susanne Riesch und Co. „Sie waren alle von der Kulisse beeindruckt“, meinte Maier, „aber das ist doch genau das, was sie wollen. Sie hatten nichts zu verlieren. Ich hatte den Eindruck, dass alle lieber auf der Rückseite des Berges runter gefahren wären als ins Stadion.“
Abgesehen davon, dass man den Gudiberg eher schlecht „hinten runter“ fahren kann, hat Maier natürlich Recht. Drei Medaillen hatte er vor der WM als Ziel ausgegeben, nur zwei sind es geworden, was imMedaillenspiegel Rang zehn bedeutet – inakzeptabel für ein zuvor so starkes DSVTeam. „Ganz zufrieden bin ich nicht. Ich habe mich über die zwei Medaillen von Maria Riesch Freude, aber ich habe immer vor zu hohen Erwartungen gewarnt“, sagte Maier, „ich wusste, dass es sehr schwierig ist, die drei Gold- Medaillen von Vancouver oder die zwei WM-Titel von Val d’Isère zu toppen. Wir haben die Chancen ausgelassen, uns hier besser zu präsentieren.“
Nach Schuldigen muss er nicht lange suchen: „Das haben wir selbst verschuldet. Wir waren an den beiden Tagen einfach nicht gut genug, um die Medaillen zu holen, egal, ob es vorher Probleme wegen einer Grippe gab oder der Rücken geschmerzt hat.“ Auch bei der Ursachenforschung ist Maier schon fündig geworden: „Es ist in all den Monaten zuvor zu leicht gegangen, vor allem im Slalom. Wir waren nicht streng genug mit den Athleten. Und die Athleten waren nicht kritisch genug zu sich selbst, um immer auf hohem Niveau nachzulegen“, sagt Maier, „wenn ich wochenlang nicht an die Spitzenplätze heranfahre, kann ich nicht in fünf Minuten bei einer WM den Schalter umlegen. Aber wenn ich sage, ich lasse sie nicht fahren, dann fliegt hier alles auseinander. Vielleicht brauchtman manchmal einen Schuss vor den Bug, dass man aufwacht. Alle sind gezwungen, umzudenken.“
Bis auf Felix Neureuther war bei den Männern ja nicht mit Medaillen zu rechnen gewesen, insofern trifft Maiers Kritik vor allem das Frauen- Team von Trainer Thomas Stauffer: „In Riesenslalom und Slalom haben wir uns von den Frauen mehr erwartet. Das müssen wir erst einmal verarbeiten und wegstecken. Aber wir waren als Vierter und Fünfter auf Schlagdistanz.“ Konsequenzen wird das Abschneiden haben, nur welche ließ Maier offen: „Natürlich muss man nach so einer Saison Dinge verändern, aber das ist nicht als Bestrafung zu sehen. Diese WM war der Abschluss einer alten Periode, jetzt gibt es eine Neuaufstellung für die Zukunft.“ Dennoch glaubt er: „Diese WM war extrem wichtig für uns, für
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