„Ein Erfolgsgeheimnis von uns – das Riesch-Gen“

Weltmeisterin Maria Riesch erklärt den Höhenflug ihrer kleinen Schwester Susanne – und warum sich die beiden Skiläuferinnen trotz zahlreicher Ähnlichkeiten dennoch stark unterscheiden
AZ: Frau Riesch, wo erreichen wir Sie denn gerade? Schon wieder unterwegs?
MARIA RIESCH: Ja, ich sitz gerade im Auto. Bin auf dem Weg zu den nächsten Rennen in Val d’Isére. Aber das ist ja von Garmisch gleich ums Eck. Sind nur gute 750 Kilometer. Ein Katzensprung.
Sie scherzen.
Freilich. Momentan geht’s einfach wieder gewaltig zu. Sonntag zurück aus Schweden, um halb 2 im Bett, Montag früh raus, einen Termin nach dem anderen, abends ins Fernsehen. Dazwischen mal eine Stunde daheim, alte Wäsche raus, neue rein in den Koffer, Zeit zum Durchschnaufen hab ich da nicht. Aber andererseits ist es ja auch schön, mir macht das Skifahren Spaß, und wenn ich dann auch noch Erfolg hab’, dann umso mehr.
Dafür wird es in Val d’Isére jetzt entspannend.
Warum?
Weil da nur Kombination, Abfahrt und Super-G auf dem Programm stehen. Da brauchen Sie die Konkurrenz ihrer Schwester Susi nicht fürchten, denn die fährt ja nur Slalom. Aber da wird sie Ihnen allmählich gefährlich.
Ach, warum sollte ich Angst haben vor ihr, warum sollte sie eine Belastung sein für mich? Schmarrn. Das ist doch wunderbar, was schöneres könnte ich mir kaum wünschen. Mir war das von vornherein klar, dass sie dieses Jahr gewaltig in Form ist. Das war sie in den letzten Jahren eigentlich auch schon, nur hat sie es einfach nie runtergebracht in den Rennen.
Reine Kopfsache?
Ja klar, vom Können, vom Skifahren her hat sie es schon immer draufgehabt. Das hat sie ja schon vor drei Jahren gezeigt, da war sie Fünfte beim Slalom von Levi.
Aber danach kam nicht mehr viel, meistens fiel sie aus.
Das war eine Abwärtsspirale. Je öfter du rausfliegst, desto mehr geht dir das Selbstvertrauen ab.
Haben Sie ihr in der Zeit helfen können?
Ich hab’s versucht. Ich habe sie oft getröstet, ihr Mut zugesprochen, wenn sie wieder mal ein Rennen vergeigt hat. Ich finde, sie hat einen sehr guten Weg eingeschlagen. Dass sie nach dem ersten Erfolg und den ersten Frustrationen die Mühen des Europacups auf sich genommen hat, sich ganz langsam wieder nach oben herangetastet hat. Das ist das, was uns beide verbindet, dass wir einfach den großen Willen haben. Wenn wir uns was in den Kopf gesetzt haben, dann wollen wir das auch erreichen. Und wenn wir ganz nach oben wollen in der Weltspitze, dann wollen wir da eben auch hin.
Das Riesch-Gen?
Als Schwestern haben wir das ja zwangsläufig. Aber wenn Sie so wollen, ist das auch eines unserer Erfolgsgeheimnisse. Sie arbeitet und trainiert genauso hart wie ich, und dass wir uns auch vom Fahrstil her sehr ähnlich sind, das sieht ja jeder, auch jemand, der vom Skifahren keine Ahnung hat.
Aber sonst sind Sie doch recht unterschiedlich.
Ich weiß, Sie meinen wahrscheinlich die alte Geschichte von der Ordnungsliebe.
Nicht nur. Ihre Schwester hat sich ja schon vehement gegen das Image der Chaos-Susi gewehrt.
Mit Recht. Sie ist einfach ganz normal, ich bin da eher pedantisch und penibel. Bei mir muss es einfach extrem ordentlich ausschauen. Im Zimmer, im Schrank, überall. Das ist ja auch ein Grund, warum ich mit der Kathi Hölzl auf dem Zimmer bin, wir zwei passen da sehr gut zusammen. Aber wenn es sich mal ergeben sollte, dass ich mit der Susi das Zimmer teile, da kratzen wir uns auch nicht die Augen aus wegen der Ordnung. Das passt schon.
In Sachen Mode unterscheiden Sie sich aber auch?
Schon, aber nicht mehr so sehr. Die Susi hat da auch eine Super-Entwicklung hingelegt, sie richtet sich jetzt auch gerne schön her, vielleicht nicht im Abendkleid, aber dafür sportlich elegant. Ansonsten haben wir auch viel gemein. Früher, als wir noch beide blond waren, haben uns die Leute kaum auseinander halten können. Jetzt sieht man den Unterschied, aber auch eher nur, weil ich mir die Haare gefärbt hatte.
Wann sehen Sie Ihre Schwester denn wieder?
Erst an Weihnachten, nach Val d’Isére. Die Lindsey (US-Ski-Star Vonn, Rieschs Freundin, d. Red.) kommt ja auch wieder vorbei zum Feiern.
Maria Riesch, Susi Riesch, Lindsey Vonn. Wäre doch was. Erst feiern Sie zusammen Weihnachten in Garmisch, zwei Monate später dann einen Dreifach-Triumph auf dem Podium beim Olympia-Slalom von Vancouver.
Dann legen wir die Medaillen nächstes Weihnachten unter den Christbaum. Interview: Florian Kinast