Ein Australier siegt in Halle
Außenseiter Hewitt triumphiert über Rasenspezialist Federer: „Die absolute Krönung“.
HALLE Er kam, sah und siegte. Sogar gegen den Mann, der das ganz besondere Gespür für Rasen hat. Kein logischer, sondern ein wundersamer Sieger strahlte auf dem Centre Court der Gerry Weber Open in die Kameras, als die 18. Turnierauflage am Sonntagmittag mit einem Paukenschlag beendet war: Lleyton Hewitt, erstmals zum Grasplatzturnier nach Ostwestfalen angereist, schwang sich in der größten Sensation der Geschichte des Wettbewerbs zu einem nie erwarteten 3:6, 7:6 (7:4), 6:4-Erfolg über Roger Federer auf und fügte dem sonst so genialen Eidgenossen die gerade mal zweite Niederlage in seiner Spezialdisziplin Rasentennis in den letzten 78 Matches zu. Ausgerechnet mit einem Netzroller war Federers krachender Knockout nach 141 Minuten besiegelt, ein australischer Coup am Tag des WM-Duells zwischen Deutschland und Down Under.
Ein Sieg, ein Triumphgefühl, wie er für Hewitt gegen seinen alten Jugendfreund aus der Schweiz wahrlich nicht alle Tage vorkam, schließlich hatte Federer ihn zuvor 15mal in Folge geschlagen. Hewitts letzter Sieg gegen Federer datierte zurück bis ins Jahr 2003, zum Davis Cup-Halbfinale auf heimischem Boden in Sydney. „Ich hatte eine fantastische Woche hier. Und dieser Sieg ist die absolute Krönung“, sagte Hewitt. Kurios: Ausgerechnet Federer hatte dem langjährigen Weggefährten, gegen den er schon in Juniorentagen im Tennis spielte, den Trip nach Halle empfohlen. „Jetzt kann auch Wimbledon 2010 für mich kommen. Ich gehe da mit riesigem Rückenwind hin“, sagte der Australier, der sich in den letzten Wochen immer besser von den Folgen einer Hüftoperation erholte.
Für Federer endete eine magische Erfolgsserie mit 25 aufeinanderfolgenden Siegen in Halle, eine Serie, die mit dem ersten Turniertriumph 2003 ihren Ausgang genommen hatte. 2002 war Nicolas Kiefer im Halbfinale der letzte Spieler gewesen, der Federer niedergerungen hatte. Seitdem hatte Federer alle Gefahren bravourös gemeistert, selbst vier Matchbälle wehrte er vor vier Jahren einmal gegen den Belgier Olivier Rochus ab. Doch gegen Hewitt war nun Schluss mit lustig – und das Ende der Dominanz gekommen. Federers einziger Turniersieg heuer bleibt damit der bei den Australian Open.
Und die Deutschen? Philipp Petzschner, aber auch der unglücklich gegen Hewitt ausgeschiedene Benjamin Becker waren die letzten unter vielen deutschen Profis, die sich nach dem Trauerspiel in Paris in Halle wieder neues Selbstbewusstsein für den Saisonhöhepunkt in London verschafften. „Er hat das Zeug dazu, um in ganz anderen Regionen mitzuspielen“, sagte Federer über den Bayreuther Petzschner. Er sei nun „reif für die Insel“, sagte Petzschner. So wie auch seine Landsleute: Immerhin sieben DTB-Profis waren ja ins Achtelfinale gelangt und fünf sogar ins Viertelfinale.
Jörg Allmeroth
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