Eigentlich wollte er Fußballer werden
Der überschäumende Jubel von Martin Kaymer hat seinen Grund: Deutschlands bestem Golfer ist zuletzt recht wenig gelungen mit dem Golfschläger. Die ehemalige Nummer eins der Golfwelt ist derzeit in der Weltrangliste nurmehr auf Platz 32 notiert.
Dabei ist seine bislang beste Karrierephase noch gar nicht so lange her: Von Februar bis April des vergangenen Jahres war er als zweiter deutscher nach Bernhard Langer der weltbeste Golfer, hatte zehn Turniersiege auf der European Tour und einen Major-Sieg bei der PGA Championship 2010 zu Buche stehen. In jenem Jahr wurde er auch zum Golfer des Jahres gewählt und führte die europäischen Geldrangliste an.
Das Jahr 2011 beginnt zwar prima mit dem Sprung auf Platz eins Weltrangliste, doch schon bald häufen sich die Niederlagen, in allen Bereichen: Zuerst ist der Platz an der Sonne weg, dann folgt die Trennung von Freundin Allison Micheletti, dann die von seinem Caddie, und auch sein Schwung kommt ihm abhanden. In einem Interview sagte er: „Die schwerste Sache ist, nicht zu verkrampfen, wenn man etwas so sehr will, die Lockerheit zu behalten."
Auch in diesem Jahr lief es jedoch nicht gut für den 27-Jährigen aus Mettmann bei Düsseldorf. Bei zwei der vier Major-Turnieren scheiterte er am Cut, belegte bei den US Open Platz 15 und beim Masters nur Rang 44. Sein letztes Top-Ten-Ergebnis gelang ihm im April, und für den Ryder Cup qualifiziert er sich nur knapp.
Dort war er am Samstag noch „sehr enttäuscht“, dass Kapitän Jose Maria Olazabal ihn nicht in den Vierern eingesetzt hatte – zu schwach seine Leistung am Freitag. Bernhard Langer hatte Kaymer am Freitagabend in einem Gespräch die Augen geöffnet. „Meine Einstellung war nicht richtig“, gab der Rheinländer zu, „Bernhard hat mir so sehr geholfen, einfach, weil er sich mit mir hingesetzt und darüber geredet hat.“
Im legendären „War by the Shore“ („Krieg an der Küste“) hatte Langer 1991 in einer ähnlichen Situation das Loch aus kürzester Distanz verfehlt und den Sieg verspielt. „Als ich das Grün gelesen habe“, sagte Kaymer, „war ich in Gedanken bei Bernhard Langer. Aber ich habe mir gesagt: Das wird nicht nochmal passieren. Es wird einfach nicht passieren.“ Und dann rollte der Ball tatsächlich ins Loch. „Diese Erfahrung beim Ryder Cup ist mit nichts vergleichbar“, jubelte Kaymer, „das ist der beste Tag meines Lebens. Das werde ich in meinem Leben nicht vergessen, und später werde ich meinen Enkelkindern davon erzählen.“
Es war nach 2010 sein zweiter Sieg im so bedeutenden Ryder Cup. Dabei wäre Kaymer als Kind fast Fußballer geworden. Bei Fortuna Düsseldorf kickte er ein paar Jahre lang in den Jugendmannschaften und wurde sogar in die Niederrhein-Auswahl berufen. Mit zehn hatte er dann im Golfclub Mettmann zum ersten Mal einen Golfschläger in der Hand, schlug Bälle mit seinem Bruder Phillip - und wurde richtig gut: Schon mit 15 hatte Kaymer Handicap null.
Sein Trainings- und Lebensmittelpunkt liegt mittlerweile zwar in Scottsdale, Arizona, doch die Verbundenheit zur Heimat ist geblieben. Wenn er seine Oma in Mettmann besucht, mäht ihr den Rasen. Mit Gras kennt er sich ja aus.