Ehrgeiziger Pizza-Bote

Der Brasilianer Felipe Massa, der sich in der Formel 1 hochdienen musste, hat einen seltsamen Talisman - und bekam von seinem Idol Ayrton Senna kein Autogramm.
von  Abendzeitung
Nett und lustig: Felipe Massa, der in seiner brasilianischen Heimat den WM-titel hollen kann.
Nett und lustig: Felipe Massa, der in seiner brasilianischen Heimat den WM-titel hollen kann. © dpa

Der Brasilianer Felipe Massa, der sich in der Formel 1 hochdienen musste, hat einen seltsamen Talisman - und bekam von seinem Idol Ayrton Senna kein Autogramm.

Da ist diese Geschichte mit der Unterhose. Seit Felipe Massa bei Ferrari fährt, trägt er bei jedem Rennen die selbe Unterhose. Seit fast drei Jahren schon setzt er auf diesen Glücks-Slip. „Ich hatte sie bei allen Siegen und Pole Positions an", sagt er. Obwohl er selbst darüber lachen muss, klingt er auch stolz.

Da ist diese Geschichte über seine erste Begegnung mit der Formel 1. „Als ich 17 Jahre war und die Formel 1 in Interlagos gastierte, wollte ich unbedingt ins Fahrerlager“, sagt er, „mein Manager meinte, er könne mir einen Pass von Donnerstag bis Samstag besorgen – unter einer Bedingung: ich müsste etwas für ihn erledigen.“ Sein Manager besaß Restaurants in Sao Paulo und sollte das Benetton-Team mit Essen beliefern. So wurde Massa zum Pizza- und Pastaboten. „Ich brachte dem Koch also Pasta, Bananen, Pizza und sagte zu ihm: ,Vielleicht laufen wir uns ja einmal in der Formel 1 über den Weg!'“ Der Koch sagte nur „Okay, okay“ und schickte den schmächtigen Brasilianer mit dem runden Gesicht und den Knopfaugen wieder weg.

Da ist diese Geschichte mit Ayrton Senna. Felipe war sieben, als er in einer Bar am Hafen von Sao Paulo Senna, damals schon Formel-1-Star, sah. Massa bat um ein Autogramm, „Ayrton sah dann hinab zu diesem kleinen Jungen und lehnte ab“, erzählt Massa heute, „ich war so enttäuscht, dass ich später Fan von Nelson Piquet wurde. Ich habe daraus gelernt, dass man Kindern nie einen Wunsch abschlagen darf.“

Massa kann am Sonntag in seiner Heimatstadt Sao Paulo Weltmeister werden. Es ist nur eine Außenseiter-Chance, er liegt sieben Punkte hinter Lewis Hamilton. Aber allein die Tatsache, dass er, der ewig Unterschätzte, der an Glücks-Slips glaubt, der in seiner Freizeit Jeans sammelt und als Pizza-Bote für die Stars angefangen hat, diese Chance hat, ist schon unglaublich, „Ich bin sehr oft unterschätzt worden in meinem Leben“, sagt Massa. Und das ist untertrieben. Möglicherweise ist Massa seine ganze Karriere lang unterschätzt worden. Vielleicht liegt das an seinem Englisch, das auch nach sechs Jahren in der Formel 1 unbeholfen klingt. Vielleicht liegt das auch an seinem Aussehen. Jemand, der so nett und lustig aussieht wie Massa (und der im übrigen auch genauso nett und lustig ist), der hat es in einer Rammbock-Gesellschaft wie der Formel 1 naturgemäß schwer.

Vielleicht liegt das aber auch an seinen Anfängen: Als Peter Sauber ihn 2002 in die Formel 1 holte, fiel Massa zwar mit hoher Grundschnelligkeit auf, mehr noch aber mit seiner Unkonzentriertheit und den daraus folgenden Unfällen.

Trotz alledem verpflichtete Ferrari ihn 2005 als Teamkollegen von Michael Schumacher. Von vielen wurde er böse als „Schumis Schoßhündchen“ bezeichnet. Andere meinten, dass er den Job nur bekommen hätte, weil sein Manager Nicholas Todt der Sohn von Ferrari-Geschäftsführer Jean war. Tatsächlich war Massa von Anfang an klar, dass er bei Ferrari nur die Nummer zwei hinter Schumi sein sollte. Er nahm die Rolle widerspruchslos an. Und er schaute sich viel ab. „Schumacher war mein Professor“, sagt er. Und von dem lernte er so viel, dass er jetzt, zwei Jahre nach Schumachers letztem Rennen, Weltmeister werden kann. Was er dann wohl mit seiner Glücksunterhose macht?

Filippo Cataldo

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