„Zum Erfolg verdammt!“
MÜNCHEN - Der EHC München steht im Zweitliga-Finale und träumt vom Aufstieg. Doch sind der Klub und sein Umfeld wirklich erstligatauglich? Hier machen Erich Kühnhackl und Max Fedra den DEL-Check.
Es folgen: die Spiele der Wahrheit. Der EHC München, Zweiter der regulären Saison, hat es sich zur Aufgabe gesetzt, Liga-Primus Schwenningen in der Zweitliga-Finalserie zu stürzen und sich so die sportliche Voraussetzung für die DEL-Lizenz zu sichern. „Wir, die Fans, die Spieler, wir sind bereit für etwas Neues“, sagte Manager Christian Winkler beim AZ-Redaktionsbesuch.
Doch wie gewappnet ist der EHC wirklich fürs Eishockey-Oberhaus? Im DEL-Check der AZ beurteilen Erich Kühnhackl, Deutschlands Eishockeyspieler des Jahrhunderts und Sportdirektor beim DEL-Klub Frankfurt Lions, sowie Max Fedra, einst Manager der München Barons (die 2000 die DEL-Meisterschaft gewannen) und jetzt Manager des DEL-Finalisten Augsburger Panther, die Chancen.
SPIELER
„Ich würde dem EHC raten, bei den Spielern Kontinuität zu zeigen und sich nur punktuell zu verstärken“, sagt Erich Kühnhackl. „Viele gute Spieler bilden noch lange keine gute Mannschaft. Der EHC hingegen ist eine gutes Team. Dieses Gefüge würde ich nicht auflösen.“
Fedra: „Man wird schon aus Finanzgründen das Gros der Spieler halten. Weil in der DEL viel mehr Ausländer spielen dürfen, geht das auch auf. Sportlich wird das aber ganz schwer – für jeder Aufsteiger.“
HALLE
Kühnhackl: „Mehr als eine Übergangslösung kann die Olympia-Eishalle nicht sein. Ich hoffe, die Bewerbung Münchens für Olympia 2018 hat einen positiven Effekt.“
Fedra: „Die Halle ist schlicht eine Katastrophe und absolut München-unwürdig. Gerade in einer Schicki-Micki-Stadt wie München muss man den Fans etwas bieten, damit Eishockey angesagt wird.“
FANS
2330 Zuschauer hatte der EHC in der regulären Saison im Schnitt, das sind 335 mehr pro Spiel als in der Vorsaison, und 811 mehr als in der Saison 2007/08. Kühnhackl: „Das sind Schritte in die richtige Richtung. Wer hätte vor ein paar Jahren gedacht, dass hier über 2300 Fans kommen?“
Fedra: „2300 ist nett, aber reicht nicht. Wie ich die Münchner kenne, habe ich Zweifel, dass die Fans strömen werden, falls der EHC in der DEL erst einmal dauernd auf die Mütze bekommt.“
TRAINER
Kühnhackl: „Pat Cortina ist der Richtige. Er hat ja auch als Nationaltrainer Italiens und Ungarns schon viel internationale Erfahrung gesammelt.“
Fedra: „Cortina ist sicher DEL-tauglich. Zumindest, wenn die Qualität des Kaders stimmt. Aber hat man in München wirklich die Geduld, wenn es nicht so läuft? Man hat ja schon genug Trainer verschlissen und falsche geholt.“
SPORTLICHE LEITUNG
Kühnhackl: „Manager Christian Winkler hat es geschafft, die Spieler zu halten, obwohl sie in der Liga sehr begehrt waren. Das spricht für ihn. Er ist mitverantwortlich dafür, dass der EHC im deutschen Eishockey – egal, in welcher Liga – in aller Munde ist.“
Fedra: „ Winkler ist umtriebig. Aber mit der DEL erwartet ihn eine Mammutaufgabe. Er hat sich in der 2. Liga gut reingearbeitet, er wird das auch in der DEL tun. Wenn man ihm die Zeit gibt. Denn in München ist man zum Erfolg verdammt.“
VEREINSFÜHRUNG
Kühnhackl: „Bochanski hat das Eishockey hier am Leben erhalten, hat das Ganze jetzt aber breiter aufgestellt. Alles ist professioneller geworden.“
Fedra: „Da sind keine Fantasten am Werk beim EHC, sondern Geschäftsleute. Aber noch ist alles zu abhängig von Bochanski.“
SPONSOREN
Kühnhackl: „Die Münchner Wirtschaft ist gefragt, ein Bekenntnis abzugeben.“
Fedra: „Das alte Lied, das alte Leid. Nett findet Eishockey fast jeder, aber investieren will hier keiner. Ich verstehe es zwar nicht, aber die Businnes-Leute sind lieber das 17. Rad am Wagen der Bayern als die Nummer 1 des EHC.“
VEREINSSTRUKTUR
Kühnhackl: „Da braucht man nicht automatisch einen Wasserkopf. Lieber arbeite ich nur mit zwei, drei engagierten Kräften zusammen, die was reißen wollen, als mit Fünfen, die immer nur schauen, was der andere macht.“
Fedra: „Die haben ja einen fürs Marketing angestellt. Aber wenn ich Geld investieren will, will ich mit Schmitt reden, nicht mit Schmittchen, gerade, weil’s beim EHC so lange die Bochanski-Show war.“
Matthias Kerber
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