Zu schlecht für Deutschland? Streit um ein EHC-Talent

Patrick Seifert (19) gilt in München als Entdeckung der Saison. Dass er nicht zur U20 eingeladen wird, sorgt für Unverständnis.
MÜNCHEN Nach der 2:6-Klatsche des EHC München am Sonntag gegen Ravensburg kam Coach Pat Cortina erstmals ein kritisches Wort über seinen Jungstar Patrick Seifert über die Lippen – zu sehr hatte ihn dessen Frustfoul kurz vor Spielende erzürnt. „Solche Fouls sind unnötig, unreif, das will ich nicht sehen“, sagte der Trainer.
Eine kleine Rüge für den Musterschüler. Denn Cortina hält auf den 19-Jährigen große Stücke. Egal, ob in Unter- oder Überzahl, also in Momenten, in denen die meisten Trainer nur Routiniers und ausländischen Spieler vertrauen, Cortina setzt auf Seifert: „Er ist ein Juwel, dem ich eine große Zukunft zutraue. Er hat das Talent, bald in der Nationalmannschaft zu spielen.“
Umso erstaunlicher, dass Seifert, der beim EHC schon drei Assists in dieser Saison hat, nicht mal im U20-Nationalteam steht. So verzichtete Junioren-Bundestrainer Ernst Höfner im Pokal in Dresden auf den EHC-Jungstar. „Anscheinend geht man da davon aus, dass es mindestens sechs deutsche Verteidiger unter 20 gibt, die besser als Patrick sind“, meint EHC-Manager Christian Winkler, „das würde mich sehr wundern, aber vielleicht habe ich ja auch keine Ahnung vom Eishockey.“ Und Winkler legt im Streitfall Seifert süffisant nach: „Wenn’s aber so ist, dass es wirklich sechs Bessere gibt, kommen auf das deutsche Eishockey wahrlich rosige Zeiten zu.“
Die Faktenlage ist natürlich ganz anders. Die U20-Nationalmannschaft? Abgestiegen! Die U18? Abgestiegen! Die Frauennationalmannschaft?Abgestiegen! Die Nationalmannschaft? Wäre sportlich abgestiegen, da sie aber als Ausrichter der WM 2010 nicht absteigen durfte, ist sie weiter erstklassig.
Auch Larry Mitchell, der Trainer des DEL-Klubs Augsburg Panther, für den Patrick Seifert mit einer Förderlizenz spielt, sagt: „Seifert bekommt in München viel Eiszeit und dadurch die Erfahrung, die nicht viele Spieler in seinem Alter haben.“ Schon gar nicht in Deutschland.
Matthias Kerber