Wunsch von Ex-EHC-Star Schütz könnte sensationell in Erfüllung gehen

Köln/München – Als der Puck endlich im Netz zappelte, war Justin Schütz nicht mehr einzufangen. Der Haie-Stürmer hüpfte wie ein Flummi über das Eis, befreite sich aus dem Kölner Jubelknäuel und riss im Stile eines Box-Champions die Arme hoch. Aus den Boxen dröhnte der "Kölsche Jung", 18.000 Fans grölten in Ekstase mit – und der Torjäger mit Ladehemmung konnte sein Glück kaum fassen.
"Ich habe mir die ganzen Play-offs selbst enormen Druck gemacht", gab der Matchwinner nach seinem Overtime-Treffer zum entscheidenden 3:2-Sieg im sechsten Halbfinale gegen den ERC Ingolstadt bei Magentasport zu, "ich bin froh, dass es endlich geklappt hat." Als er in der 70. Minute allein auf das Tor zulief, dachte Schütz nur: "Den schieße ich jetzt einfach durch die Beine."
Als Meister vom EHC nach Köln – jetzt als Meister weiter nach Mannheim?
Damit gab der 24-Jährige dem Eishockey-Krimi mit frühem Rückstand, furioser Aufholjagd und Pfosten- und Lattentreffern in der Verlängerung die besondere Pointe. Ausgerechnet Schütz, der beste deutsche Torschütze in der Hauptrunde der DEL, der in den K.o.-Spielen noch nicht einmal getroffen hatte, schickte die Haie in der Verlängerung ins erste Finale seit elf Jahren – und lässt Europas Zuschauerkrösus vom ersten Titel seit 2002 träumen.

Auch im Münchner Eishockey-Kosmos dürfte die Eruption am Rhein die ein oder andere Emotion ausgelöst haben. Vor zwei Jahren war Schütz mit dem EHC Red Bull München Meister geworden und verließ als gekrönter Titelträger das Oberwiesenfeld, um zu reifen. Im Podcast "Puck ma's" hatte er damals gemeint, eine etwaige Rückkehr nach München wäre "meine Idealvorstellung. Aber jetzt will ich erstmal mit einer anderen Mannschaft eine Meisterschaft holen."
Von nicht wenigen war er für diese Aussage belächelt worden, galt doch Köln seinerzeit nicht gerade als echter Titelaspirant. Nun kann der Meister-Traum tatsächlich Wirklichkeit werden und sich Geschichte wiederholen. Auch AZ-Infos zufolge verlässt Schütz am Saisonende die Haie in Richtung Adler Mannheim. Wechselt er wieder als Meister?
Schütz: "Wenn wir so spielen, dann können wir jeden schlagen, auch viermal"
"Allen tut das unheimlich gut", sagte der Vizeweltmeister von 2023 und sandte vor dem ersten Endspiel am Donnerstag (19 Uhr/Magentasport) beim Rekordmeister und Titelverteidiger Eisbären Berlin gleich eine Kampfansage in die Hauptstadt: "Wir haben jetzt zweimal den Favoriten rausgehauen. Wir sind unangenehm zu spielen, Berlin weiß das. Wir sind der Underdog, aber wenn wir so spielen, dann können wir jeden schlagen, auch viermal."
Nach den Siegen gegen Vizemeister Fischtown Pinguins und Hauptrundensieger ERC Ingolstadt, wo der Kapitän und künftige Münchner Fabio Wagner einen bitteren Abschied erlebte, wartet jetzt aber die größte Herausforderung: Die Eisbären haben elf Playoff-Serien in Folge gewonnen. Allerdings haben die Kölner ein gutes Omen: Bei ihren DEL-Titelgewinnen 1995 und 2002 waren sie als Vorrundensechste in die Endrunde gestartet – wie auch jetzt.
Kölner Haie in der Finalserie klarer Außenseiter gegen Berlin
Das lange Warten auf den Titel kennt niemand so wie Moritz Müller (38). Der Kapitän war kurz nach dem letzten Triumph in den Kölner Nachwuchs gewechselt, gab im Dezember 2003 sein DEL-Debüt und spielte inzwischen 1126-mal für die Haie. "Es geht hier gar nicht um mich, es geht um die Kölner Haie", sagte Müller, "dass sie eine schwere Zeit in den letzten Jahren hatten und der Weg wieder nach oben geht."
Er hatte selbst auf dem Eis miterlebt, wie der Traditionsklub 2008 und 2013 an Berlin ebenso im Finale gescheitert war wie an Ingolstadt 2014. Und wie er zeitweise ums wirtschaftliche Überleben kämpfen musste. "Jetzt geht's ins Finale", sagte Müller voller Vorfreude, Berlin sei zwar Favorit, "die wissen, wie es geht. Wir kommen da als Außenseiter hin und wollen uns nicht verstecken."