Wolf: "Gegen das Viertelfinale wehrt sich keiner"

Am Samstag startet das deutsche Team in die Eishockey-WM. Im AZ-Interview spricht Kapitän Michael Wolf über realistische Ziele, die Strapazen einer WM, und warum er über Superstar Jagr staunt.
Matthias Kerber |
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Felix Schütz (r.) gratuliert dem Torschützen Michael Wolf
dpa Felix Schütz (r.) gratuliert dem Torschützen Michael Wolf

AZ: Herr Wolf, die Eishockey-WM in Prag steht an. Was erwarten Sie als Kapitän von der Nationalmannschaft, die ja in den letzten Jahren nicht gerade berauschende Ergebnisse eingefahren hat?

MICHAEL WOLF: Auch, wenn Sie mich jetzt als Floskelkönig abstempeln, ich erwarte erst einmal, dass wir das Beste zeigen, wozu wir in der Lage sind. Das ist der Anspruch, den jeder Sportler immer haben sollte. Darüber hinaus müssen wir es als Team einfach schaffen, dass wir auch an den sogenannten schlechten Tagen einen Weg finden, gewisse Teams zu schlagen. Gewisse Spiele muss man bei einer WM einfach siegreich gestalten, sonst wird es immer schwer.

AZ:Hätten Sie gedacht, dass Deutschland nach der grandiosen Heim-WM 2010, als man sogar ins Halbfinale einzog, fünf Jahre später eher gegen den Abstieg spielt?

WOLF: Man darf sich da nicht von Momentaufnahmen blenden lassen. Weder nach oben – noch nach unten. Ich will hier nur an 2009 erinnern, da wären wir abgestiegen, wenn die Regeln nicht verhindern würden, dass der Ausrichter der WM im darauffolgenden Jahr absteigt. Ein Jahr später standen wir im Halbfinale. Ich denke, dass wir weder dorthin gehören, wo wir 2009 waren, noch wirklich so stark sind, dass wir regelmäßig das Halbfinale erreichen können. Die Wahrheit dürfte irgendwo dazwischen liegen.

AZ: Der neue Präsident Franz Reindl hat aber schon mal als grobes Ziel das Viertelfinale ausgegeben. Ist das realistisch?

WOLF: Ich sage es so: Möglichst viel gewinnen, wenn es dann Richtung Viertelfinale geht, wird sich keiner dagegen wehren.

AZ: Der Anspruch Eishockey-Deutschlands kann aber sicher nicht sein, gegen Teams wie etwa Österreich gegen den Abstieg kämpfen zu müssen. Die Österreicher, die Deutschland den Weg zu Olympia 2014 verwehrt haben...

WOLF Klar. Ich bin ja jetzt auch schon ein paar Jahre dabei. Ich habe oft gegen Österreich gewonnen und in den allermeisten Spielen, an den allermeisten Tagen werden wir gewinnen. Aber an dem Tag - wir haben ja sogar nach Verlängerung gewonnen, aber dadurch eben einen Punkt zu wenig geholt – hat es eben nicht gereicht. Das war bitter, das tut weh. Aber so ist der Sport. Wir haben auch schon Russland und Finnland geschlagen, die sicher auch nicht damit gerechnet haben, dass sie gegen Deutschland verlieren. Oder nehmen Sie gerade den Fußball. Wer hätte damit gerechnet, dass die Bayern in Porto so klar verlieren? Kaum einer. Eine Woche später nehmen die gleichen Bayern die Portugiesen auseinander. Gibt es dafür logische Erklärungen? Nein, der Sport ist manchmal so.

AZ: Belastet es die Mannschaft, dass Bundestrainer Pat Cortina vom Präsidium schon angezählt wurde und seinen Job wohl nur behält, wenn die Spieler bei dieser WM Großes erreichen?

WOLF: Ich sehe es so: Jeder, der dabei ist, sollte ihm dankbar sein, dass Cortina ihn nominiert hat, ihm die Chance gibt, sich auf der großen Bühne zu präsentieren und für Deutschland zu spielen. Das sollten wir ihm alle mit einer starken Leistung zurückgeben. Alles andere ist nicht in unserer Hand, das entscheiden nicht wir. Das wird dann im Sommer – oder wann auch immer – entschieden, das darf uns nicht belasten.

AZ: Wie stolz macht es Sie mit Ihren 34 Jahren denn noch, für Deutschland zu spielen?

WOLF: Sehr. Jedes Spiel in der Nationalmannschaft ist für mich etwas Besonderes. Vielleicht auch, weil ich ja ein Spätstarter war und es lange nicht klar war, ob ich jemals den Adler auf der Brust tragen würde. Deswegen genieße ich das sehr.

AZ: Können Sie sich noch an Ihr erstes Spiel für Deutschland erinnern?

WOLF: Klar, gleich an die ersten drei. Das war beim Deutschland-Cup. Ich habe da aber sicher keinen bleibenden Eindruck hinterlassen, die Geschwindigkeit war für mich noch etwas hoch. Aber ich war ungemein stolz und froh, überhaupt dabei zu sein.

AZ: Das Gefühl hat man nicht bei jedem Spieler. Wie eigentlich jedes Jahr hagelt es bei den Deutschen Absagen für die WM.

WOLF: Die WM ist eine Strapaze. Sehr viele harte Spiele in nur wenigen Tagen. Deswegen sollte auch wirklich nur der antreten, der hundert Prozent fit ist. Damit meine ich nicht nur körperlich. Du musst auch mental dafür bereit sein, sonst hilfst du deinem Team nichts. Im Gegenteil. Ich habe jetzt keine Statistiken, aber ich denke, dass es bei anderen Nationen auch nicht groß anders aussieht.

AZ: Naja, absolute Superstars wie Kanadas Sidney Crosby oder der Tscheche Jaromir Jagr lassen es sich nicht entgehen, an der WM teilzunehmen.

WOLF: Das freut mich. Ich habe ja auch gegen beide schon gespielt. Das sind absolute Ausnahmeerscheinungen. Wenn ich überhaupt jemals so etwas wie ein Idol hatte, dann war es Jagr. Ein grandioser Spieler. Ich erinnere mich noch an den Moment, als ich ihm das erste Mal im Spiel gegenüberstand. Ich sah ihn an und dachte mir nur: Wow! Ich hatte keine Ahnung, was das für ein Klotz, ein Koloss ist. Er ist ja auf dem Eis fast anmutig und dann war der Kerl fast ‘nen Kopf größer als ich. Ich Freude mich auf jeden Fall, ihm noch einmal auf dem Eis zu begegnen.

AZ: So viele Chancen wird es nicht mehr geben. Jagr ist 43. Wie sieht es denn mit Ihnen aus? Wird das Ihre letzte WM?
Darüber reden wir dann nach der WM.

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