"Wir sind noch weit von 100 Prozent - hoffentlich!"
Für den EHC Red Bull München gilt es in der Champions League des Eishockeys gegen Finnlands Lukko Rauma. Die AZ sprach exklusiv mit Trainer Don Jackson.
AZ: Herr Jackson, am Dienstag gilt es für Ihren EHC Red Bull München im Rückspiel des Sechzehntelfinales der Champions League gegen Lukko Rauma. Was macht eigentlich für Sie ein Champion aus?
DON JACKSON: Ob Sie es glauben oder nicht, ich habe mal eine Liste mit Eigenschaften gemacht, die für mich einen Champion definieren. Ganz oben stehen: Charakter und Führungsqualitäten. Damit beginnt alles, damit endet alles. Champions machen für mich eigentlich immer alles richtig. Das ist das entscheidende Wort: immer. Jeder kann mal, gelegentlich oder oft alles richtig machen. Aber immer? Das ist das Holz, aus dem Champions geschnitzt sind. Champions umgeben sich mit guten Spielern und guten Menschen, denn sie wollen auf allen Ebenen aus sich das Beste herausholen, nicht nur im Sport.
Wie viele Champions haben Sie in Ihrem Team ausgemacht?
Wir haben eine charakterstarke Truppe. Jason Jaffray ist definitiv ein Champion und Michael Wolf. Auch Toni Söderholm. Das sind Kerle, die für die richtigen Dinge einstehen, die sich vor andere stellen, aber auch das Wort ergreifen, wenn es etwas zu korrigieren gibt. Wir hatten in dieser DEL-Saison ein paar Schwierigkeiten, aber eine der anderen Eigenschaften, die einen Champion ausmacht, ist, dass er sich nicht lange am Boden halten lässt. Er steht immer wieder auf. Immer einmal öfter als er hingefallen ist. Wir haben diese Kerle im Team. Die Kunst eines Trainers ist es, so einzuwirken, dass das Team das Beste aus sich herausholt.
In Bestform ist der EHC aber noch nicht.
(lacht) Deswegen sagte ich ja Kunst. Nein, wir sind noch nicht bei hundert Prozent. Vor diesem Wochenende, als wir Iserlohn und Krefeld geschlagen haben, hatten wir erst einen Dreier geholt, da war ich nicht zufrieden. Aber unser Manager Christian Winkler hat mich dann daran erinnert, dass wir auch nur einmal so verloren haben, dass wir gar keine Punkte holten. Wir versuchen, aus allem immer das Positive für uns zu ziehen.
Bei wie viel Prozent des Leistungsvermögens würden Sie Ihr Team einstufen? Bei 90?
Weniger. Wir sind noch weit von 100 Prozent entfernt. Zumindest hoffe ich das (lacht).
Jetzt geht es in der Champions League gegen Lukko Rauma. Das Hinspiel hat der EHC 3:5 verloren, aber immerhin mit zwei Toren in der Schlussphase die Chance auf ein Weiterkommen am Leben erhalten.
Die zwei Treffer haben uns das Leben einfacher gemacht. Nicht einfach, wenig Dinge im Leben sind einfach, zumindest nicht die, die einen echten Wert haben, aber eben einfacher. Wir sind unglaublich motiviert. Unser Gegner ist das zur Zeit beste Team in Finnland. Sie spielen sehr finnisch, sehr diszipliniert, die Spieler sind von Kindesbeinen an bestens ausgebildet. Schlittschuhtechnisch, aber auch vom Spielverständnis her.
Sie haben mit einem der besten Finnen aller Zeiten – Jari Kurri – in Edmonton gespielt.
Was für ein Spieler, ich habe erst am Sonntag mit unseren Finnen Söderholm über Jarri gesprochen. Woran ich mich am meisten erinnere: Wenn immer ich als Verteidiger den Kopf gehoben habe, um mit einem Pass das Spiel zu eröffnen, war er frei. Er war ein Traum für mich. Und ein Albtraum für die Gegner. (lacht)
Jetzt also eine K.o.-Runde.
Ich musste mich erst an dieses Format gewöhnen. Wir müssen nicht nur gewinnen, sondern auch noch ein spezielles Resultat erreichen, um weiter zu kommen. Das gibt es sonst im Eishockey nicht. Aber andere Bewerbe, andere Sitten. (lacht)
Sie sprachen vorher Jaffray an, er erzielte in den ersten acht Saisonspielen in der DEL jeweils ein Tor, das gab es noch nie in der Liga-Historie.
Das ist grandios. Er war ja immer ein sehr produktiver Spieler, aber auch nicht eine Tormaschine. Aber er ist eben ein Champion und bringt eine andere Qualität, die man dafür braucht, mit: Leidenschaft. Wenn man sieht, mit welchem Enthusiasmus er die Tore feiert, weiß man um seine Leidenschaft. Die bringt er jeden Tag mit. Jeden einzelnen Tag. Und ich weiß, dass es nicht immer leicht ist, er hat auch seine Wehwehchen, aber die Leidenschaft überwiegt alles.
Leidenschaft ist ein gutes Thema. Wie wichtig war die Message an die anderen Klubs, dass man die Münchner nicht mehr rumschubsen kann, die Steve Pinizzotto bei seiner Schlägerei gegen Mannheims Dennis Reul gesendet hat?
Dass Reul sich den Kiefer gebrochen hat, ist sehr bedauerlich und für den Spieler tragisch. Ich wünsche ihm eine schnelle Genesung. Ich war lange genug Spieler und bin als Trainer in der Kabine, um zu wissen, dass die Gegner darüber reden, dass es die Runde gemacht hat, dass wir dagegenhalten. Das ist nie schlecht.