„Wir sind das Haching vom Eishockey“

Vor dem Derby beim EHC: Warum der Tölzer Trainer Axel Kammerer am Sonntag die Wiesn meidet, die DEL ein Witz ist und sein Klub ein Selbstbedienungsladen.
Von Florian Kinast
Nach zwei Jahren in der Oberliga sind sie wieder zweitklassig. Die Tölzer Löwen, der Tradtionsklub am Nordrand des Isarwinkels, als EC Bad Tölz zweimal Deutscher Meister (1962 und 1966). Am Sonntag kommt die Truppe von Trainer Axel Kammerer nach München, zum Derby beim EHC (18.30 Uhr, Olympia-Eishalle).
AZ: Herr Kammerer, als Sohn eines Braumeisters, wann gehen Sie am Sonntag auf die Wiesn? Vor oder nach dem Spiel?
AXEL KAMMERER: Gar ned. Die Wiesn interessiert mich herzlich wenig. Am Sonntag geht’s mir nur um das Spiel.
Eines von vielen Derbies in dieser Saison. Tölz und Riessersee, Landshut und München, das totgesagte bayerische Eishockey erlebt eine Renaissance in der 2. Liga.
Gott sei Dank. Ich träume ja immer noch von einer reinen bayerischen Liga. Mit Rosenheim, dazu Augsburg, Straubing, Ingolstadt aus der DEL. Ist aber nicht realisierbar im Moment. Immerhin ist Tölz wieder da, wo es hingehört. Ein Comeback der Tradition. Wir sind wieder dahoam. Auch bei den Fans herrscht eine wunderbare Stimmung.
War ja nicht immer so in den letzten Jahren. Tölz war finanziell am Ende, es folgte der Abstieg in die Oberliga.
Als ich den Verein vor drei Jahren übernommen habe, war das ein Trümmerhaufen. Aber die zwei Jahre in der Oberliga haben uns sehr gut getan. Das war eine Kur. Passt ja zu uns als Kurstadt. Wir haben was aufbauen können, womit sich die Region wieder identifizieren kann. Junge Spieler aus unserem Nachwuchs, letzte Saison stand Tölz in der Nachwuchsliga DNL ja auch im Finale. Dazu Routiniers wie Publikumsliebling Terry Campbell mit seinen 40 Jahren. Das hat bombig eingeschlagen. Und doch ist es ein harter Überlebenskampf. Wir haben den kleinsten Etat der Liga.
Aber warum? Tölz ist doch eine Marke im Eishockey.
Schon, aber wir haben nicht die zahlungskräftige Industrie. Schaun’s doch mal nach Bietigheim. Die haben keine Tradition, aber die haben Porsche im Kreuz. Oder Ravensburg, da steht irgendeine Computerfirma dahinter. Freitag vor einer Woche waren wir in Ravensburg. Die haben einen riesigen VIP-Raum, gespickt mit lauter Geschäftsleuten, da schaust erst einmal.
Klingt wie Hoffenheim im Fußball, der Bundesligist von Milliardär Dietmar Hopp.
Richtig. Keine Tradition, aber richtig viel Kohle. Wenn der Hopp mag, kauft er halt im Winter nochmal drei Granaten. So was können wir uns nicht leisten. Wir sind eher das Unterhaching vom Eishockey. Aber leider auch ein Selbstbedienungsladen.
Was meinen Sie damit?
Die DEL-Klubs holen sich bei uns die jungen Spieler, wie sie lustig sind. Wenn die Juniorenverträge gerade ausgelaufen sind, dann sehen wir keinen Cent. Ich gönne den Junioren die Chance ja auch, nur versauern die meisten in der DEL auf der Bank. Und wenn die DEL-Klubs mal im Pokal bei uns Kleinen ran müssen, wie vor drei Wochen Düsseldorf und Augsburg, dann schreien sie gleich wegen der Zusatzbelastung. Die DEL ist eine ganz andere Welt.
In die Sie mit Tölz hinwollen?
Nein.
Warum das denn nicht?
Aus finanziellen Gründen – und außerdem, weil sie ja Auf- und Abstieg abgeschafft haben. Ein absoluter Witz. Im europäischen Sport darf es das nicht geben. Eine Mannschaft wie Duisburg verliert jedes Spiel, wird immer Letzter und spielt doch jedes Jahr DEL. Das versteht der Fan nicht mehr. Das ist doch gerade der Reiz. Nehmen wir wieder Unterhaching. War doch eine Riesengaudi, wo die mal Bundesliga gespielt haben. Ich bin ja nur gespannt, was sie machen, wenn Dresden die Zweite Liga gewinnt.
Warum?
Weil sie Dresden gerne als DEL-Standort hätten. Da werden sie sich dann schon was einfallen lassen.
Und beim EHC München?
Mal schauen. Erst einmal tut’s mir leid um das Münchner Eishockey. Die Zuschauerzahlen sind frustrierend, ich frage mich, warum sich Eishockey in einer Sportstadt wie München nicht etabliert. Ich denke, sie müssten mal ordentlich in den Nachwuchs investieren und nicht nur alibimäßig. Und dann brauchen sie endlich eine gescheite Halle.
Eisstadion oder Olympiahalle tun es nicht mehr?
Nein. Da muss eine Multifunktionsarena her, warum nicht draußen neben der Allianz-Arena. Eine Stadt wie München gehört in die DEL. Erst mal aber freu ich mich auf Sonntag. Da wird halb Tölz anrücken, das wird eine gelb-schwarze Wand in der Eishalle. Und übrigens, denken Sie sich nix.
Tu ich nicht. Warum auch?
Wir gehen schon noch auf die Wiesn. Am 29. September mit der ganzen Mannschaft. Ein Montag. Und dann in aller Ruhe.