Winklers Jubiläum beim EHC: Tragödien, Tränen, Titel

Der Manager geht in seine zehnte Saison – und erinnert sich an bewegte Jahre: Einen Schädelbruch, ein ausgestochenes Auge, Fast-Pleiten und den Aufstieg in die DEL. „Die Feier vergesse ich nie!”
MÜNCHEN Sie kamen und gingen. Trainer, Spieler, Geschäftsführer, Präsidenten. Beim EHC München herrschte in den Jahren seit der Gründung 2002 extremer Drehtür-Verkehr. Nur einer ist immer noch da: Manager Christian Winkler. Am Freitag (19.30 Uhr, Olympiaeishalle) geht es für ihn in seine zehnte EHC-Saison. Exklusiv für die Abendzeitung erinnert sich Winkler an zehn Spielzeiten voller Erfolge, Pleiten, Dramen, Tragödien, Trauer – und Auferstehungen.
Saison 2004/05: „Ich hatte 2001 meine aktive Torwart-Karriere beendet und wollte eigentlich mit Eishockey nichts mehr zu tun haben, doch in Peiting haben sie mich überredet, als Manager einzuspringen. EHC-Präsident Jürgen Bochanski machte mir dann ein Angebot. Wir waren uns gleich einig. Ich wurde aber in München nicht mit offenen Armen empfangen. Der unerfahrene Kerl aus der Eishockey-Provinz, dachten sich einige. Die Saison war hart: Erst wurde Stürmer George Kink von einem Schuss an der Schläfe getroffen: Schädelbruch, in einer Not-OP wurden Knochensplitter aus dem Gehirn entfernt. Sportlich musste ich Kinks Vater, der bei uns Trainer war, wegen des öffentlichen Drucks entlassen. Das würde ich heute so nicht mehr mitmachen. Ich hatte Kink schon 13 Monate zuvor als Trainer in Peiting schassen müssen. Die Freundschaft hat darunter gelitten. Sportlich schafften wir den Aufstieg in die Bundesliga.”
Saison 2005/06: „Für uns war klar, es geht um den Klassenerhalt. Aber in der Saison habe ich gelernt, nur mitspielen, das funktioniert hier nicht. Unter Trainer Gary Prior gelang es uns in Bad Tölz, oben zu bleiben. Sehr geprägt hat uns die Verletzung von Markus Eberl, der im Training den Schläger eines Mitspielers ins Auge bekam und dabei seine Sehkraft verlor.”
Saison 2006/07: „Nach nur vier Spieltagen schmiss Prior hin. Er hatte mit dem öffentlichen Druck seine Probleme. Ich musste an der Bande einspringen. Danach trat ein Mann in unser Leben, der den Verein prägte, wie kein Zweiter: Pat Cortina. Dabei hatten viele die Nase gerümpft, da er damals nur ungarischer Nationaltrainer war und die das Eishockeyspielen nicht erfunden haben. Ich werde nie unser erstes Spiel unter ihm in Landsberg vergessen. Wir lagen 0:3 zurück und dann ist er ausgerastet, wie ich noch nie jemand hab’ explodieren sehen. Ich dachte nur: Was für ein Verrückter! Aber wir siegten 6:5 und kamen am Ende der Saison bis ins Halbfinale!”
Saison 2007/08: „Nachdem zwei Großsponsoren abgesprungen waren, informierte mich Präsident Bochanski, dass wir die Notbremse ziehen müssen. Die Spieler darüber zu informieren, dass beim EHC die Lichter ausgehen, war extrem hart. Die Fans starteten eine Sammelaktion, die mich noch heute rührt. Dann stiegen Michael Philips und Waldemar Jantz als Gesellschafter ein, retteten den Klub. Leider hatte Cortina bereits in Innsbruck angeheuert. Ich holte Bernie Englbrecht als Trainer, ein Missverständnis von beiden Seiten. Nach einem Abrechnungsinterview in der AZ mussten wir uns von ihm trennen. Es folgte der hochgelobte Doug Bradley, der aber die Mannschaft nie erreichte. Wir standen vor dem Abstieg. Zum Glück war aber Cortina gefeuert worden, wir trennten uns von Bradley, holten Cortina, und der schaffte das Wunder – wir stiegen nicht ab.”
Saison 2008/09: „Cortina und ich arbeiteten vor der Saison hin einen Dreijahresplan aus. So ohne Ziel ging’s nicht weiter. Am Ende sollte der Titel stehen. Wir machten einen harten Schnitt im Kader. Wir kamen bis ins Finale gegen Bietigheim. Leider war in den letzten Spielen Cortina nicht dabei, da er mit Ungarn bei der WM war. Mit ihm hätten wir die Finalserie vielleicht so nicht verloren.”
Saison 2009/10: „Wir hielten das Team zusammen, weil wir wussten, da wächst etwas zusammen. Im Finale trafen wir auf Schwenningen. Dort, in deren Halle, den Titel zu holen und damit in die DEL aufsteigen zu können, war mein vielleicht schönstes Erlebnis überhaupt. Die Feier mit Zigarre und Schampus dort auf dem Eis werde ich nie vergessen.”
Saison 2010/11: „Eine irrwitzige Vorsaison! DEL-Boss Gernot Tripcke rief an und erklärte, dass wir keine Lizenz erhalten, weil die Bewerbungsunterlagen unvollständig waren. Es wäre das Ende von Eishockey in München gewesen. Es hat fast unmenschliche Anstrengungen gekostet, das hinzubiegen. Sportlich waren wir der beste Aufsteiger aller Zeiten, waren sogar mal Tabellenführer, kamen mit dem Penaltyschießen gegen Straubing ins Guinness-Buch. Emotional die unglaublichste Saison.”
Saison 2011/12: „Wir verstärkten uns gut, aber die Mannschaft klickte irgendwie nie. Am Ende verspielten wir die Playoff-Teilnahme. Das war extrem unbefriedigend.”
Saison 2012/13: „Diese Vorsaison toppte alles. Wir waren schon in der Kiste, nachdem die Gesellschafter Jantz und Bochanski erklärt hatten, das DEL-Abenteuer nicht mehr finanzieren zu können. Cortina und ich wurden nach Schwenningen geschickt, um den Lizenz-Verkauf zu finalisieren. Wir haben uns dort aber so benommen, dass die nochmal zögerten. Wir wollten Zeit gewinnen. Im letzten Moment stieg Red Bull als Retter ein. Sportlich verpassten wir am letzten Spieltag die Playoffs. Das war bitter, diese Truppe, die nicht so talentiert war, hätte es verdient gehabt.”
Saison 2013/14: „Eine neue Zeitrechnung. Ich denke, dass wir mit den jetzigen Verhältnissen endlich Eishockey den Stellenwert in München verschaffen können, den dieser Sport verdient.”