Warum der EHC in der Schweiz ein besonderes Gastspiel erlebt
Wenige hundert Einwohner, 5.000 Zuschauer: Der HC Ambri-Piotta lebt von seinem Status als ewiger Underdog und von den enthusiastischen Fans. Nun ist der EHC München beim Schweizer Klub zu Gast.
München - Wenn der EHC Red Bull München am Samstag (19.45 Uhr/Sport1) in der Champions Hockey League beim HC Ambri-Piotta antritt, dann steht dem Vizemeister ein spezielles Spiel bevor.
Nicht etwa, weil der CHL-Neuling aus der Schweiz ein besonders schwerer Prüfstein wäre oder die Begegnung bereits Endspielcharakter hätte – nein, der HC Ambri-Piotta genießt über die Grenzen der Schweiz hinaus den Ruf eines absoluten Kultklubs. Hoch oben im Tessin, auf rund 1.000 Metern Höhe im italienischsprachigen Teil der Schweiz, nicht weit vom Gotthardpass entfernt, liegen die beiden Nachbardörfer Ambri und Piotta.
Das ist die kälteste Eishalle der Schweiz
Zusammen haben sie nur wenige hundert Einwohner, die Gemeinde Quinto im Leventina-Tal, zu der sie gehören, zählt rund 1.000 Bewohner. Und doch: Woche für Woche pilgern über 5.000 Fans in die legendäre Pista la Valascia, die als kälteste Eishalle der Schweizer Nationalliga A gilt, der Klub ist damit ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für die Region.
Und die Zuschauer, die aus der gesamten Schweiz und dem benachbarten Ausland kommen, zaubern stets eine ganz besondere Atmosphäre in das 1959 erbaute Stadion, das im Jahr 2021 einem Neubau weichen muss. "Ambri-Piotta ist fast einzigartig in Europa, das ist absoluter Kult", sagte Eishockey-Experte und Sport1-Kommentator Basti Schwele zur AZ.
HC Ambri-Piotta: Für die Gänsehaut-Momente
"Wer einmal dieses Stadion mitgefühlt hat und die Hymne 'La Montanara' gehört hat, die immer gesunden wird, wenn Ambri gewinnt, der bekommt sofort Gänsehaut, wenn er nur dran denkt. So etwas wird die Champions League selten erlebt haben, die Fans werden ihr Team nach vorne peitschen", sagt Schwele.
Bereits im Hinspiel feierten 600 mitgereiste Fans ihr Team in München trotz der 0:3-Niederlage. Die Auftritte in der Champions Hockey League sind etwas Besonderes für Klub und Fans: Jahrelang dümpelte der chronisch finanzschwache HC Ambri-Piotta am Tabellenende der Schweizer Liga herum, der fünfte Platz in der vergangenen Saison war die beste Platzierung seit 2002.
HC Lugano ist reicher, glamouröser und erfolgreicher
Gewonnen hat der ewige Underdog, der sich seit 1985 in der Nationalliga A behauptet, abgesehen von einem Schweizer Cupsieg 1962 und dem zweitklassigen IIHF Continental Cup 1998 und 1999 ohnehin noch nichts, das einzige Playoff-Finale verlor man 1999 ausgerechnet gegen den Erzrivalen HC Lugano, den reicheren, glamouröseren und erfolgreicheren Nachbarklub.
Doch genau das macht den Reiz aus: Es ist der Status des ewigen Außenseiters, kombiniert mit der Begeisterungsfähigkeit der Fans, aus denen der HC Ambri-Piotta seine Kraft zieht. Die bekam am Donnerstag Färjestad Karlstad zu spüren, mit 2:1 bezwang Ambri den schwedischen Rekordmeister, nun soll der EHC Red Bull der Magie der La Valascia erliegen.
Mark Voakes hat den EHC-Sieg im Visier:
Die Red Bulls haben am Donnerstag bei der 2:3-Niederlage nach Penaltyschießen beim HC Banska Bystrica in der Slowakei im dritten Spiel erstmals Punkte liegen gelassen, am Freitagvormittag flog das Team vom slowakischen Militärflughafen Silac weiter nach Zürich, um von dort mit dem Bus nach Ambri-Piotta zu gelangen.
"Wir müssen aus dem Spiel gegen die Slowaken lernen. Ambri-Piotta ist ein sehr gutes Team, vor allem läuferisch und im Powerplay haben sie ihre Qualitäten", sagte Stürmer Mark Voakes: "Wir müssen diesmal von Beginn an bereit sein, die hohe Intensität mitzugehen. Wieder mit nur einem Punkt wären wir nicht zufrieden."
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