Von den Titellosen zu den Erlösten

Michael Wolf und Yannic Seidenberg, die Stars des EHC Red Bull München, mussten gefühlte Ewigkeiten auf den ersten Titel warten. "Das Ausrufezeichen für meine Karriere!"
München Gut zehn Jahre musste er zuschauen, wie andere den Meisterpokal in die Höhe stemmten, eine Emotionstortur für Michael Wolf, den vielleicht besten deutschen Stürmer seit Didi Hegen. Immer wenn es darum ging, den großen Titel zu holen, war der jetzt 35-Jährige ehemalige Nationalmannschaftskapitän dazu verdammt, die so Zuschauerrolle einzunehmen.
Er weigerte sich, diese Rolle auszufüllen. "Ich habe die Finalserien in all den Jahren kaum verfolgt. Es ist kein Spaß, wenn die Saison für einen selber schon beendet ist, da zuzusehen", sagte Wolf der AZ. Heuer war er mittendrin, nicht nur dabei. Nach 596 Spielen in der DEL, darf er sich endlich nicht nur mit dem Prädikat "besonders wertvoll", sondern eben auch "Meister" schmücken. Die Karriere hat ihr Ausrufezeichen (Wolf) erhalten. Kaum einer hat diesen Erfolg mehr herbeigesehnt, kaum jemand hat ihn mehr verdient. Nach der Schlusssirene ging Don Jackson, der Meistertrainer des EHC Red Bull München, auf seinen Kapitän, seinen Leitwolf zu, gab ihm die Hand, verneigte sich vor ihm. Eine Huldigung für Wolf, der stets so bescheiden ist, das Team über jede persönliche Erfolg stellt. Dann standen sie sich gegenüber.
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Auge in Auge. Beide hatten Tränen in den Augen. "Das ist alles sehr emotional für mich", sagte Wolf, der danach auch noch zum MVP, zum wichtigsten Spieler der Playoffs gewählt wurde. "Alle, die mich kennen, wissen, was mir dieser Moment bedeutet", sagte er. Wolf, der Erlöste!
Er ist nicht der Einzige in Reihen des EHC, der endlich sein Ausrufezeichen für die Karriere gefunden hat. Yannic Seidenberg darf sich jetzt auch Champion nennen. Während Bruder Dennis sich nach dem DEL-Titel als erst zweiter Deutscher auch den Stanley-Cup (2011 mit Boston) entzog sich jeglicher Pokal dem kleinen Bruder. Dabei stand er beim Triumph von Dennis in der NHL sogar auf dem Eis, hielt den Pokal, den er nicht gewonnen hatte, in der Hand. Jetzt hat er seinen eigenen Titel. "Endlich! Endlich! Ich werde gleich meinen Bruder anrufen", sagte Seidenberg.
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Oder EHC-Urgestein Uli Maurer. 2007 mit Nürnberg und 2010 mit Augsburg stand er jeweils im Finale, doch Meister darf er sich erst jetzt nennen. Mit dem EHC. Den verlässt er nun Richtung Schwenningen. "Einen besseren Abschied als mit dem Pokal in der Hand kann es nicht geben", sagte Maurer.
Auch Jason Jaffray, der zu dieser Saison nach München gewechselt war, darf in den "We are the Champions!"-Chorus einstimmen. "Ich habe 15, 16 Jahre versucht, den Calder-Cup in der AHL zu gewinnen. Ich habe lang überlegt, ob ich den Schritt nach Europa wagen soll, war mir nicht sicher, on ich das Richtige tue", sagte der 34-Jährige, "acht Monate später, bin ich DEL-Meister und weiß, dass es eine der besten Entscheidungen meiner Karriere war." Die Erlösten des EHC.