Titelträume in Planegg

AZ: Frau Lehmann, kaum stehen Sie beim ESC Planegg unter Vertrag, konnten Sie ihr Team ins Europacup-Finalturnier führen. Was ist Ihr Erfolgsgeheimnis?
KATHRIN LEHMANN: Ich fühle mich sehr wohl beim ESC. In unserer Mannschaft hat sich eine unglaubliche Dynamik entwickelt. So ein Teamgeist spornt mich an. Wir gehören zu den Top-Teams in Europa und natürlich will ich da einen Titel gewinnen.
Nachdem Sie 17 Jahre lang Fußball und Eishockey auf höchstem internationalen Niveau gespielt und in beiden Sportarten die Champions League gewonnen haben, konzentrieren Sie sich nun nur aufs Eishockey. Warum das?
Fußball war mein Beruf, Eishockey ist nur mein Hochleistungshobby. Mit 31 Jahren ist es an der Zeit, mich meiner beruflichen Zukunft zu widmen. Dazu war der zeitliche Aufwand im Fußball zu hoch.
Davor ließ sich beides reibungslos vereinbaren?
Ja, das ist sicher einzigartig in der Sportwelt und heute nicht mehr machbar. Im Nachhinein hatte ich oftmals auch Glück, Eishockeyspiele waren beispielsweise samstags und Fußballspiele sonntags. Zudem haben sich die Saisonhöhepunkte nie überschnitten. Die Prioritäten habe ich dann jeweils nach den anstehenden Großereignissen gesetzt.
Gab es denn nie Streitigkeiten mit Ihren Trainern?
Wer mich unter Vertrag genommen hat, wusste, dass er das Gesamtpaket Kathrin Lehmann kauft. Ich habe immer von Anfang an mit offenen Karten gespielt, darauf bin ich heute stolz. Für mich war das auch eine Charakterfrage. Natürlich habe ich das ein oder andere Mal im Training gefehlt, dafür habe ich an allen Sponsorenevents teilgenommen oder mir so oft es ging Jugendspiele angeschaut.
Wie kamen Sie denn eigentlich zum Eishockey und zum Fußball? Auf den ersten Blick ist das ja eher eine ungewöhnliche Kombination.
Ich bin in einer kleinen Siedlung mit 20 Kindern aufgewachsen. Das war der Jackpot meiner Kindheit, denn wir haben den ganzen Tag lang Sport getrieben. Ich habe damals eben hauptsächlich mit den Jungs Fußball gespielt. Und zum Eishockey kam ich durch meine Mutter, die damals eine Schlittschuhlaufschule geleitet hat. Als ich vier Jahre alt war, sagte sie zu den Verantwortlichen, dass sie den Kurs nur weitermachen kann, wenn ich mit aufs Eis darf. Sie wollte sich keinen Babysitter suchen, damit sie anderen Kindern das Schlittschuhlaufen beibringen kann. In den Eishockeyverein bin ich dann meinen Brüdern gefolgt.
Auch ohne den Fußball sind Sie viel beschäftigt. Sie sind Dozentin und Doktorandin an der TU München, studieren BWL an der AKAD-Fernuniversität, trainieren Jugendmannschaften und gehen für den ESC Planegg auf Torejagd. Haben Sie überhaupt Freizeit?
Da achte ich sehr drauf. Ich habe mir schon immer und überall das Recht zum Ausbüchsen bewahrt. Am liebsten gehe ich dann in die Oper oder musiziere selbst.
Beim Blick auf Ihre Karriere ist auffällig, dass sie nach zahlreichen Auslandsaufenthalten stets nach München zurückgekehrt sind.
Ganz bewusst. Meine Heimat ist und bleibt zwar Zürich, doch an München habe ich mein Herz verloren. Trotzdem möchte ich auch meine Auslandsstationen nicht missen. Ich habe viel über andere Kultur erfahren und dabei mich selbst besser kennengelernt.
Wie sieht Ihre Zukunft aus?
Ich habe unheimlichen Spaß daran, meine Erfahrungen weiterzugeben und kann mir deshalb vorstellen, weiterhin an Universitäten zu unterrichten. Und ich möchte als Trainerin weiter junge Torhüterinnen auf ihrem Weg in die Bundesliga unterstützen. Und auch sonst habe ich viele Pläne. Mich hat man eben nie ganz.