Strauchelnde Bullen - Warum der EHC gegen Augsburg schwächelt

München - Sie konnten das Eis gar nicht schnell genug verlassen. Das Eis, auf dem sie 103 Minuten und 36 Sekunden alles gegeben hatten. Wut und Frustration waren in die Mienen gemeißelt. Denn am Ende war alle Mühe, aller Schweiß, aller Schmerz vergebens. Die Stars des EHC Red Bull München sind auf der Mission Quadruple-Titel ins Straucheln geraten.
Das Team von Don Jackson liegt nach der 1:2-Heimpleite in der dritten Verlängerung im dritten Spiel der Halbfinalserie gegen die Augsburger Panther mit 1:2 zurück, die Schwaben können sich mit einem Sieg in Partie vier am Mittwoch (19.30 Uhr) drei Finalpucks sichern. "Wir verfallen nicht in Panik, wir können mit der Situation umgehen", sagte Jackson. Die AZ analysiert, was sich ändern muss, damit der EHC seiner Favoritenrolle noch gerecht werden kann.
Chancenverwertung: Jackson ist ein Statistik-Fanatiker. Das, was ihm diese Zahlen sagen, kann ihm nicht gefallen. In Spiel drei feuerten die Münchner 71 Mal auf AEV-Goalie Oliver Roy – zählbarer Erfolg: ein mageres Törchen. 165 Mal schossen die Münchner in den drei Partien auf den Kasten, dabei stehen sechs Treffer zu Buche. Roy wehrt 96,36 Prozent aller Scheiben ab.
Ehliz: "Wir müssen einfach draufhauen"
"Wir müssen einfach draufhauen", sagte Nationalstürmer Yasin Ehliz, "irgendwann lässt er einen durch. Wir geben Augsburg ja fast nichts, sind das bessere Team in den drei Spielen gewesen." Die Panther sind effektiver. Bei 116 Schüssen trafen sie sieben Mal, EHC-Keeper Danny aus den Birken wehrte 93,66 Prozent aller Pucks auf seinen Arbeitsplatz ab. Special Teams: Immerhin gelang John Mitchell das 1:1 in Überzahl, insgesamt tut sich München aber schwer.
Nur zwölf Prozent der Powerplays können die Red Bulls in den Playoffs nutzen, Augsburg hat eine Erfolgsquote von 15,5 Prozent. Traditionell war München in Unterzahl extrem stark. Doch in den Playoffs halten die Red Bulls nur in 81 Prozent der Unterzahlsituationen den Stall sauber, die Panther liegen mit 86,5 Prozent vorne. München hat Probleme, in die richtige Aufstellung zu kommen. Was zum nächsten Punkt führt. Kreativität: Dem EHC fehlt es an Überraschungsmomenten.
Die Geniestreiche, für die Dominik Kahun (Chicago Blackhawks) und Keith Aucoin (Karriereende) vergangene Saison gesorgt haben, sind Mangelware. Mitchell und Mark Voakes, die mit bisher je drei Toren alle Treffer gegen Augsburg im Halbfinale erzielt haben, gelingt das noch am besten. Situationen vor dem Tor: "Wir kriegen selten einen Rebound", sagte Ehliz. Diese Abpraller sind aber oft entscheidend.
Jackson: "Wir müssen viel mehr Chaos vor dem Tor erzeugen"
"Zwei Drittel aller Treffer passieren, weil vor dem Tor viel los ist, da wird ein Puck abgefälscht, dem Goalie die Sicht versperrt", sagte Jackson, "wir müssen viel mehr Chaos vor dem Tor erzeugen." Die Münchner Chaostheorie soll es richten. Trevor Parkes, der Mann für die dreckigen Tore, hat seit 18 Spielen nicht mehr getroffen. Gegen seinen Ex-Klub vergab er einige Großchancen.
"Er hatte einen sehr schwierigen Tag", sagte Jackson. Unterstützung: Die Stimmung, die die Fans in Augsburg erzeugen, ist gigantisch. Aber nicht nur dort, auch in München haben die Panther gefühlt kein Auswärtsspiel. Es grenzt teilweise an feindliche Übernahme. Immer wieder erfüllte der Augsburger Gesang "Münchens wahre Liebe, der AEV" die Halle. Eine Watschn für die Münchner Anhänger. Insgesamt braucht der EHC bei Spiel fünf am Oberwiesenfeld jede Unterstützung.
Oft genug hat die Nordkurve bewiesen, dass sie den Funken Extramotivation bringen kann, der in so engen Serien entscheidend sein kann. Der nächste Beweistermin steht Freitag an.
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