Sanguinetti: Das Oktoberfest ist verrückter, als ich dachte
München - Der frühere NHL-Verteidiger Bobby Sanguinetti (31) wechselte zu dieser Saison zum deutschen Vizemeister EHC Red Bull München, der am Donnerstag (19.30 Uhr) beim ERC Ingolstadt antritt.
AZ: Herr Sanguinetti, wir haben eine sehr nette Geschichte darüber gehört, wie Sie, der neue Starverteidiger des EHC Red Bull München, zum Eishockey gekommen sind.
BOBBY SANGUINETTI: (lacht) Was haben Sie denn gehört?
Sie handelt von einem ziemlich bockigen Kind und einer Bestechung.
Dann bekenne ich mich schuldig: Es stimmt. Es war auf einer Hochzeit, und ich sollte die Ringe tragen, aber ich fühlte mich sehr krank, wollte aber die nötige Medizin unter keinen Umständen nehmen. Ich habe mich schlicht geweigert. Meine Oma bot mir dann 100 Dollar an, wenn ich die Artzney nehme. Ich nahm die Medizin und das Geld – und bin damit schnellstmöglich in einen Eishockey-Laden marschiert und habe mir Equipment gekauft. Ich bin dieser Medizin also für alle Zeiten extrem dankbar, sie hat ihren Anteil an meiner Karriere. (lacht)
Sanguinetti: " Das Oktoberfest ist schon Irrsinn"
Haben Sie Ihre eigenen Kinder auch schon bestochen, damit sie Eishockey spielen?
Noch nicht! Der Große ist zwei und schnuppert gerade so ein bisschen in den Sport rein. Wenn er sich dafür richtig interessiert, werde ich ihn unterstützen, und dann kriegt er die Ausrüstung auch so. Die Kleine ist erst vier Monate, sie hat noch viel Zeit. Ich bin wirklich gerne Vater. Ob es noch mehr werden, ob wir am Ende eine Eishockey-Mannschaft stellen können, das wird sicherlich am Ende meine Frau entscheiden, nicht ich. (lacht)
Wenn man von Ihrem Namen ausgeht, müssten Sie italienische Wurzeln haben.
Das stimmt. Das liegt aber schon drei, vier Generationen zurück, nur der Name ist geblieben. Aber in der Familie wird erzählt, dass unsere Wurzeln in Nordsizilien liegen. Ich habe gerade erst zu meiner Frau gesagt, dass, wenn es mal eine längere Pause im Spielbetrieb hier geben sollte, wir uns vielleicht auf Spurensuche machen sollten und dorthin fahren. Ich war schon öfter in Italien, ich mag das Lebensgefühl, das Essen ist großartig.
Wenn wir schon beim Lebensgefühl und Essen sind: Wie gefällt es Ihnen in München? Sie waren ja gerade auch mit der Mannschaft auf der Wiesn.
Ich genieße beides. Und das Oktoberfest: Irrsinn. Es ist fast noch verrückter, als ich es mir vorgestellt habe. Die Jungs im Team haben versucht mich zu warnen, vorzubereiten. Aber man muss es mit eigenen Augen gesehen haben, um es wirklich zu glauben.
Sanguinetti: "In der DEL wird richtig gutes Eishockey gespielt"
Wie ist Ihr erster Eindruck vom EHC, von der Liga DEL?
Hier wird richtig gutes Eishockey gespielt, aber das hat mich auch nicht gewundert, weil ich ja bei den Olympischen Spielen 2018 in Pyeongchang gesehen habe, zu was die Deutschen fähig sind. Wir sind mit vier Siegen super in die Saison gestartet. Es macht Spaß hier.
War Ihnen vorher klar, wie wichtig der 7:2-Sieg beim Meister Adler Mannheim für Ihre Mitspieler, für die Red-Bulls-Organisation war?
Man hat gleich gespürt, dass die Intensität noch mal auf einem anderen Level ist. Die Jungs wollten unbedingt gewinnen. Ich kenne das ja aus meiner Karriere: Wenn man ein Finale verloren hat, will man es dem anderen Team immer gleich wieder zeigen, ihm eine Ansage machen.
Sie wurden im Jahre 2006 an 21. Stelle in die NHL gedraftet, da hatte man wahrscheinlich die Vorstellung, dass man am Ende mehr als 45 Spiele in der besten Liga der Welt machen würde.
Das stimmt schon. Wenn man 18 ist, hat man eine ganz andere Sicht der Dinge. Heute bin ich einfach froh und glücklich, dass ich dort gespielt habe, dass ich diese Erfahrung machen konnte. In Nordamerika träumt wahrscheinlich jedes Kind davon, einmal in der NHL zu spielen, mein Traum hat sich erfüllt, damit bin ich glücklich.
Sanguinetti: "Olympia ist eine unglaubliche Ehre"
Ein anderer Traum war sicher die Teilnahme an den Olympischen Spielen 2018.
Absolut. Als ich gehört habe, dass die NHL-Spieler nicht teilnehmen würden, hat man sich klammheimlich schon Hoffnung gemacht, dabei zu sein. Als es dann so weit war, war es etwas ganz Besonderes. Es ist eine unglaubliche Ehre, sein Land bei so einem Event vertreten zu dürfen. Wir hätten gerne ein bisschen besser abgeschlossen...
... die USA belegte am Ende Platz sieben.
Stimmt, aber allein die Erfahrung, all diese anderen Athleten zu treffen, diese Superstars aus der Welt des Sports, ist unvergesslich. Bei der Eröffnungszeremonie liefen wir nur eine Reihe hinter Snowboard-Superstar Shaun White, ich habe Ski-Ikone Lindsey Vonn getroffen – das sind Geschichten, die man mal seinen Kindern erzählen kann.
Wie sehr bedrückt es Sie, dass dieses Land, das Sie bei Olympia repräsentiert haben, im Moment politisch so zerstritten und gespalten ist wie seit Ewigkeiten nicht mehr?
Ich bin kein Mensch, der sich intensiv mit Politik auseinandersetzt. Ich kümmere mich um meine Familie, dass es meinen Lieben gut geht. Und ich versuche für mich, ein guter Mensch zu sein. Was ich sagen kann, ist: Wenn jeder Mensch versuchen würde, ein besserer Mensch zu sein, die Leute um sich herum ein bisschen besser zu behandeln, wäre auch die Welt, das Miteinander schöner. Die große Politik kann ich nicht ändern, sehr wohl aber meine eigene kleine Welt. Die kann ich besser und schöner machen, indem ich alles daran setze, Gutes zu tun, gut zu sein.
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