Richie Regehr, der Mann aus dem Dschungel
München - Richie Regehr ist ein Mann weniger Worte. Trotzdem ist er schon einer der absoluten Anführer beim EHC Red Bull München. Nicht nur, dass er einer der Assistenzkapitäne hinter Michael Wolf ist, er strahlt eine natürliche Autorität aus, die sich jetzt bereits in der Kabine der Red Bulls bemerkbar macht. Kein Spieler traut sich vom Rad zu steigen, ehe Vorzeigeprofi Regehr die wenig beliebte Strampelei beendet. „Ich liebe es einfach zu trainieren, ich will mich immer mit Sport beschäftigen“, sagte der Verteidiger mit dem gefürchteten Schlagschuss der AZ. „Wahrscheinlich mache ich das, weil ich so langweilig bin“, sagte Regehr schmunzelnd.
Doch der 31-Jährige ist alles, nur kein Langeweiler, er ist nur keiner, der seine Lebensgeschichte allen unter die Nase reibt. Regehr wurde 1983 in Bandung in Indonesien geboren – mitten im Dschungel. „Meine Eltern waren christliche Missionare. Mein Vater zeigte den Menschen dort, wie man Felder bestellt, Wasser umleitet, er sorgte für die Kanalisation. Meine Mutter wiederum arbeitete als Krankenschwester, um den Leidenden zu helfen“, sagt Regehr, der selber aber nicht übermäßig religiös ist. „Es gibt bei mir ein Fundament des Glaubens, aber sicher nicht in dem Maße, in dem meine Eltern es praktizieren. Ich wurde da als Kind vielleicht auch zu sehr in etwas gedrängt, sodass ich für mich etwas Abstand gebraucht habe.“
Aufgewachsen ist Regehr, der mit Trainer Don Jackson zusammen bei den Eisbären Berlin drei Mal die DEL-Meisterschaft holte (2009, 2011, 2012), aber in Kanada, in Saskatchewan. Dort lebt er immer noch. Direkt an einem See. „Es gibt da nicht viel, nicht viele Menschen. Aber genauso gefällt es mir“, sagte Regehr, der es immerhin auf 20 Einsätze in der NHL für Calgary gebracht hat. Dort lebt auch sein Bruder Robyn, der durch die Missionarstätigkeit der Eltern übrigens in Brasilien zur Welt kam. In diesem Jahr verbrachte Richie zwei Monate bei seinem Bruder in Los Angeles.
Denn Robyn kämpfte mit den LA Kings um die Meisterschaft in der NHL. Und obwohl der ältere Regehr beim Gewinn des Stanley-Cups nicht auf dem Eis stand, weil er eine Knieverletzung noch nicht auskuriert hatte, war er eine der Hauptpersonen des Spektakels on Ice. Kapitän Dustin Brown überreichte die Trophäe als allererstes an Regehr.
„Da lagen wir uns als Familie auf den Rängen in den Armen. Wir kriegten uns nicht mehr ein. Mein Bruder erzählte mir später, dass er mit den Tränen zu kämpfen hatte“, sagte EHC-Ass Regehr, „dazu muss man wissen, dass man in unserer Familie eigentlich nicht weint. Nicht, weil wir so harte Hunde sind, sondern weil bei uns die Emotionen nicht so nach außen getragen werden.“ Die Emotionen gingen richtig über bei den Regehr-Brüdern, als Robyn der Pokal drei Stunden überlassen wurde. Da tranken sie aus dem Cup. „Es gibt Leute, die aus Aberglaube den Cup nicht berühren, aus Angst, dass sie ihn sonst nie gewinnen. Ich sagte mir: Egal, so nahe komme ich ihm nie wieder, ich konnte die Finger nicht vom Stanley-Cup lassen.“
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